Warum läuft Mitarbeiter Huber in Situation A zu Bestform auf, während er in Situation B eher uninspiriert und unmotiviert wirkt? Über solche Dinge, die die Persönlichkeit tangieren, zu sprechen, fällt den Beteiligten in Unternehmen oft schwer. Doch es gibt Wege und Analyseinstrumente, die dabei helfen.
von Michael Schwartz
„Was mache ich gern, was weniger gern?“ „Was motiviert mich, was treibt mich an?“ Die Antworten auf solche Fragen interessieren viele Menschen. Deshalb veröffentlichen Illustrierte häufig sogenannte Persönlichkeitstests. Besonders aussagekräftig sind diese meist nicht – müssen sie auch nicht. Denn sie dienen primär der Unterhaltung der Leser.
Anders ist dies bei den Tests, wie sie in Unternehmen zum Beispiel bei der Personalauswahl und -entwicklung zum Einsatz kommen (z. B. der Myers-Briggs-Typenindikator, das DiSG-Persönlichkeitsprofil und die MSA MotivStrukturAnalyse). Sie sollen ein möglichst objektives und aussagekräftiges Bild über eine Person und deren Verhalten oder Motivstruktur zeichnen. Dabei ist die Bezeichnung „Test“ jedoch irreführend. Denn sie lässt viele Menschen an benotete Klausuren denken. Bewertungen nehmen besagte Tests aber nicht vor. Ihre Intention ist es vielmehr, beispielsweise zu ermitteln, welche Einstellungen eine Person hat – also was sie motiviert – oder welche (Verhaltens-)Präferenzen sie aufweist – also was ihr leicht- und was eher schwerfällt.
Instrumente zur (Selbst-)Reflexion
Viele Menschen betrachten diese standardisierten Tests als objektive Persönlichkeitsanalyse-Instrumente. Faktisch sind sie dies jedoch nicht. Denn ihrer Konzeption und Auswertung liegen stets Annahmen und eingeschränkte Blickwinkel zugrunde. Hinzu kommt: Kein Test kann die Persönlichkeit eines Menschen zu 100 Prozent erfassen. Dafür ist diese zu komplex. Deshalb sollten Personen und Organisationen, die solche Analyseinstrumente nutzen, wissen, wo deren Grenzen liegen. Sonst betrachten sie deren Ergebnisse als etwas, was diese nur bedingt sind: ein reales Abbild der analysierten Person. Sie können jedoch primär Anstöße zur (Selbst-)Reflexion geben.
Sich der Grenzen besagter Instrumente bewusst zu sein, ist gerade im betrieblichen Kontext sehr wichtig. Denn dort geht es nicht darum, Menschen zu „heilen“. Vielmehr sollen bei ihnen beruflich erforderliche Einstellungs- und Verhaltensveränderungsprozesse angestoßen werden.
Beispiel: MSA MotivStrukturAnalyse
Wie der Einsatz solcher Tests erfolgen kann, sei am Beispiel der MSA MotivStrukturAnalyse illustriert. Sie geht von folgender Annahme aus: Die Menschen haben unterschiedliche Wertesysteme; deshalb haben sie auch unterschiedliche Motivausprägungen, weshalb sie sich bei bestimmten Aufgaben eher wohl fühlen, während sie bei anderen latent Bauchschmerzen haben.
Grundsätzlich, so die Annahme der MSA MotivStrukturAnalyse, lassen sich bei Menschen 18 Grundmotive wie zum Beispiel „Wissen“, „Macht“, „Status“, „Ordnung“ und „Beziehung“ unterscheiden. Diesen Grundmotiven lassen sich jeweils wiederum zwei Pole zuordnen, zu denen Menschen mehr oder minder stark neigen. So gibt es zum Beispiel beim Grundmotiv „Macht“ Menschen, die eher gern führen und solche, die gern geführt werden. Beim Grundmotiv „Beziehung“ gibt es wiederum Menschen, die sich bei der Arbeit eher wohlfühlen, wenn sie mit möglichst vielen Menschen auf den unterschiedlichsten Kanälen kommunizieren können, während andere zur Hochform auflaufen, wenn sie allein, in Ruhe vor sich hin arbeiten können.
Inwieweit Personen bei den insgesamt 18 Grundmotiven eher zum einen oder anderen Pol neigen, das wird bei der MSA MotivStrukturAnalyse mittels eines Fragebogens erfasst und danach unter anderem in einem Chart so dargestellt, dass die Ausprägungen auf einen Blick erkennbar sind.
Ein Praxisbeispiel
Wie mit diesem Tool im Betriebsalltag gearbeitet werden kann, sei an einem Beispiel erläutert. Angenommen, ein Bereichsleiter möchte mit einem jungen Mitarbeiter, der gern Führungskraft werden würde, über dessen berufliche Zukunft sprechen. Aufgrund seiner Beobachtungen ist der Bereichsleiter jedoch unsicher, ob sich der Mitarbeiter als Führungskraft eignet. Er sieht in ihr eher einen heißen Kandidaten für eine Spezialisten-Laufbahn.
Zugleich weiß der Bereichsleiter jedoch: Wenn ich versuche, mit bestimmten Verhaltensweisen, die ich beobachtet habe, zu begründen, warum ich dem Wunsch, Führungskraft zu werden, eher reserviert gegenüberstehe, dann endet das Gespräch im Chaos. Denn dann wird die Nachwuchskraft sofort erwidern: „Ja, aber …“ Das heißt, sie wird sich und ihr Verhalten rechtfertigen. Eine Folge des Gesprächs wird vermutlich sein: Die Nachwuchskraft ist sauer, weil sie sich schlecht beurteilt fühlt. Das birgt wiederum die Gefahr, dass sie sich nach Job-Alternativen umschaut, obwohl sie als Spezialist dem Unternehmen noch wertvolle Dienste leisten könnte.
Heikle Themen besprechbar machen
In solchen Situationen ist es oft hilfreich, zunächst mit einem Tool wie der MSA MotivStrukturAnalyse ein Motivationsprofil zu erstellen, das beschreibt, was die Nachwuchskraft motiviert und antreibt, und dies grafisch darstellt. Wenn ein solches Profil vorliegt, kann die Einstiegsfrage des Bereichsleiters ins Gespräch zum Beispiel lauten: „Erkennen Sie sich in dem Profil wieder?“ Der Gesprächseinstieg erfolgt also nicht über Beobachtungen des Bereichsleiters, sondern über ein neutrales Medium. Deshalb fällt es der Nachwuchskraft auch leichter, beispielsweise zu antworten: „Ja, auch ich denke, dass es mich fasziniert, pragmatisch und analytisch Probleme zu lösen, während es mir eher schwerfällt, auf andere Menschen zuzugehen.“ Daraufhin kann der Bereichsleiter erwidern: „Ihre Einschätzung deckt sich mit Beobachtungen, die ich gemacht habe. Mir fiel zum Beispiel auf, dass …“
Das heißt, ein solches Profil erleichtert es, Verhaltensmuster und -weisen von Personen, die ihre Wurzeln in deren Persönlichkeit haben, zu besprechen – zum Beispiel in Personalentwicklungs- oder Coachinggesprächen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Gesprächsbeteiligten einen eher technischen oder kaufmännischen Hintergrund haben. Denn dann fehlt ihnen oft die passende Terminologie, um über persönliche Stärken und Schwächen gemeinsam so zu sprechen, dass keine emotionalen Verletzungen entstehen.
Fit für die moderne, flexible Arbeitswelt
Hierüber kommunizieren zu können, wird in der modernen Arbeitswelt immer wichtiger. Denn in ihr verlagern die Unternehmen zunehmend Verantwortung auf die operative Ebene, um zum Beispiel auf Marktveränderungen schneller, flexibler, agiler reagieren zu können. Das heißt: Sie erwarten von ihren Mitarbeitern zunehmend, dass diese eigeninitiativ aktiv werden, wenn hierfür ein Bedarf entsteht. Das setzt voraus, dass die Mitarbeiter intrinsisch motiviert sind, weil sie sich mit ihren Aufgaben identifizieren – unter anderem weil sie ihrem Motivationsprofil entsprechend eingesetzt werden. Dabei helfen Tools wie die MSA MotivStrukturAnalyse.
Michael Schwartz
leitet das Institut für integrale Lebens- und Arbeitspraxis (ilea), Esslingen bei Stuttgart (www.ilea-institut.de), das u. a. MSA-Motivberater ausbildet. Der Diplom-Physiker arbeitete vor seiner Beratertätigkeit zwei Jahrzehnte als Führungskraft und Projektmanager in der (Software-)Industrie.