Wenn sich Auftraggeber und Auftragnehmer beim Bauen oder Renovieren uneins sind, ist der Weg zur Schlichtung oder zur Mediation oft erfolgreicher als den Konflikt vor Gericht auszutragen. Ein Gerichtsverfahren kann lange dauern und teuer werden. Und ob das Ergebnis dem entspricht, was der Bauherr erwartet, ist noch lange nicht sicher.
Das Haus ist so weit fertig doch beim Aufzeichnen der Parkplätze in der Tiefgarage stellt man fest: Der dritte Parkplatz, der im Bauplan eingezeichnet ist, ist zu schmal. Was ist passiert? Das Haus ist 15 cm kürzer als geplant! Oder man stellt fest, dass die Außenwände feucht sind, die Fenster klemmen oder sich an verschiedenen Stellen Risse zeigen.
Natürlich soll das sofort in Ordnung gebracht werden, doch manches kann nicht mehr rückgängig gemacht werden und man muss nach Lösungen suchen, die für beide Seiten machbar bzw. gangbar sind. Die Schuldfrage muss geklärt werden. War es der Architekt, das ausführende Unternehmen oder der Fensterlieferant?
Handwerkskammern können vermitteln
In solchen Fällen gibt es die Möglichkeit, die zuständige Handwerkskammer zu Rate zu ziehen. „Alle Handwerkskammern im Bundesgebiet haben die gesetzliche Aufgabe, vermittelnd tätig zu werden, wenn es zu einem Streit zwischen einem Kunden und einem Handwerksbetrieb kommt”, sagt Manfred Steinritz, Leiter der Rechtsabteilung und der Vermittlungsstelle bei der Handwerkskammer Düsseldorf.
Bei Streitigkeiten, die mit ihrem Streitwert unter 750 Euro liegen, sind die Vermittlungen meist kostenlos. Liegt der Streitwert höher, kann man die Bauschlichtungsstellen der Handwerkskammern ansprechen, sie bieten Unterstützung bei Abrechnungsstreitigkeiten, Planungs- oder Ausführungsfehlern.
Die Streitparteien können unterschiedlich zusammengesetzt sein: Seien es die Bauherren mit Bauausführenden, Bauausführende mit Architekten oder Bauingenieuren oder gar alle Parteien. Die Mitgliedschaft in einer Handwerkskammer ist keine Bedingung. Die Gebühren für eine Schlichtung richten sich nach Streitwert und Aufwand. Liegt der Streitwert über 4.000 Euro werden baurechtlich versierte Fachleute hinzugezogen.
Im Vergleich dauert eine Klärung über eine Schlichtungsstelle etwa drei Monate, ein zivilgerichtliches Verfahren kann in erster Instanz bis zu eineinhalb Jahre dauern. Allerdings gilt, dass bisher erfolglos versucht wurde, eine Lösung für die Streitigkeit herbeizuführen. Erst dann kann Bauschlichtungsverfahren schriftlich beantragt werden. Antragsteller kann der Bauherr, der Architekt oder das ausführende Unternehmen sein.
Die zuständige Schlichtungsstelle holt das Einverständnis der Gegenseite zum Verfahren ein und bittet um eine Stellungnahme. Gleichzeitig wird ein Vorschuss auf die Verfahrenskosten von den Konfliktparteien zu gleichen Teilen erhoben.
Dann erfolgt der Termin zur mündlichen Verhandlung am Bauobjekt, wo sich alle betroffenen Parteien äußern können. Fachbeisitzer der Schlichtungsstelle sichten daraufhin das Bauobjekt und erstellen ein mündliches Gutachten, das ist die Basis auf der ein Einigungsvorschlag erfolgt.
Falls die betreffende Handwerkskammer keine Bauschlichtungsstelle anbietet, können sich Verbraucher mit Streitigkeiten in Bauangelegenheiten an die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle in Kehl wenden, sie steht in diesen Fällen als Auffangschlichtungsstelle zur Verfügung.
Statt Schlichtung Mediation
Auch einige Gerichte bieten gerade bei Baustreitigkeiten vor einer zivilgerichtlichen Auseinandersetzung Mediationen an. Richter mit einer zusätzlichen Mediationsausbildung stehen zur Verfügung, um die Streitparteien – meist gemeinsam mit deren Rechtsanwälten – bei der Lösungsfindung zu unterstützen.
Natürlich besteht auch die Möglichkeit – sofern die Gegenseite einwilligt – eine Mediation außerhalb dieses Rahmens anzustreben. Auch in diesem Falle spielen Zeit und Geld eine wichtige Rolle. Und falls es zu keiner Einigung kommen solle, steht der Weg zu Gericht ja immer noch offen.
Quelle: https://rp-online.de/leben/bauen/streit-muss-nicht-vor-gericht-enden_aid-22845195