Arbeitsleistung nicht unter Wert verkaufen

Auch wenn sie aufeinander angewiesen sind, teilen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht immer dieselben Interessen. Besonders deutlich wird dies bei Fragen der Vergütung und der Regelung von Arbeits- und Urlaubszeiten. Wenn sich die Beteiligten nicht untereinander oder im Rahmen einer Mediation einigen können, werden die Konflikte vor Gericht ausgetragen. Dass Arbeitsgerichtsprozesse in der heutigen Zeit durchaus üblich sind, lässt sich daraus ersehen, dass die Kosten dafür steuerlich absetzbar sind.

Über Jahrzehnte galt Deutschland als Muster für eine funktionierende Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Letztere zahlten ordentliche Löhne, von denen Arbeit und Angestellte verhältnismäßig gut leben konnten. Im Gegenzug profitierten die Arbeitgeber von einer stabilen Wirtschaftslage, die durch Streiks weitaus weniger beeinträchtigt wurde, als dies in anderen Länder der Fall war. Über lange Zeit hat dieses System so gut funktioniert, dass Durchschnittshaushalte mit dem Einkommen eines Alleinverdieners gut über die Runden kamen.

Die Ausweitung der Europäischen Union und die voranschreitende Globalisierung brachten Veränderungen mit sich, die das Gleichgewicht der Sozialpartnerschaft in Schieflage brachten. Billiganbieter drängten auf den Markt und warben mit Kampfpreisen. Die heimischen Unternehmen konnten ihre Produkte und Dienstleistungen zu diesen Bedingungen nicht anbieten, da sie nicht kostendeckend waren. In der Folge kam es zur Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland, wo die Herstellungskosten niedriger sind. Dadurch geriet wiederum der hiesige Arbeitsmarkt unter Druck, weil hiesige Produktionsstätten geschlossen wurden und die Angestellten ihre Arbeit verloren.

© zimmytws | Fotolia

© zimmytws | Fotolia

Mit den neuen Verhältnissen scheint sich das Prinzip der Sozialpartnerschaft überlebt zu haben. Seither herrscht ein Klima, wo es für Verbraucher und Anbieter darum geht, jemanden zu finden, der es billiger macht. Für Arbeitnehmer stellt sich vermehrt die Frage, wie sie ihre Leistungen und ihre Arbeitskraft so verkaufen, dass sie ein Auskommen mit dem Einkommen haben.

Um Lohnkosten einzusparen, sind viele Unternehmer aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten. Diese Interessenvertretung handelt gemeinsam mit den Gewerkschaften die Tariflöhne für die einzelnen Branchen aus. Mit dem Austritt entfielen die gewohnten Lohn- und Gehaltserhöhungen. Hiervon betroffene Arbeitnehmer, die mehr Geld verdienen möchten, müssen seitdem selbst in Gehaltsverhandlungen mit ihrem Chef eintreten.

Niemand sollte sich unter Wert verkaufen, aber Forderungen zu stellen, ist nicht jedermanns Sache. Häufig steckt hinter dieser Hemmung die Angst vor einer Zurückweisung. Dagegen, einen Wunsch versagt zu bekommen, ist keiner gefeit. Selbst wenn es dazu kommen sollte, ist dies kein Grund zur Resignation. Denn mit dieser Absage hat der Arbeitnehmer ein gutes Argument für einen weiteren Versuch. Der sollte dann jedoch frühestens in einem halben Jahr erfolgen.

Es besteht übrigens keine Veranlassung, den Ausgang der Gehaltsverhandlung mit dem eigenen Verbleib im Unternehmen zu verknüpfen. Wer dies tut, setzt sich unnötig unter Druck. Solange der Arbeitnehmer nicht tatsächlich ein lukratives Stellenangebot von einer anderen Firma vorliegen hat, ist eine solche Vorgehensweise mit einem hohen und unnötigen Risiko verbunden. Wenn die Drohung, das Unternehmen zu verlassen, verpufft, steckt der Angestellte in einer Zwickmühle. Dann bleibt ihm die Wahl, konsequent zu sein und den Arbeitsplatz zu verlieren oder einen Rückzieher zu machen. Letzteres wäre seiner Glaubwürdigkeit abträglich und würde ihm bei künftigen Verhandlungen dieser Art eine ungünstige Ausgangsposition bescheren.

Die mit einem * markierten Felder sind Pflichtfelder.

Ich habe die Datenschutzbestimmungen zur Kenntnis genommen.