von Bernhard Böhm, M.M
„Merken Sie nicht, dass Sie mit Ihrem Verhalten Ihrem Kollegen ständig Verantwortung abnehmen?“ – „Können Sie erkennen, wie Ihr Verhalten Ihr Team demoralisiert?“
Die Beispiele machen deutlich: Scheinfragen haben stark richtungsgebenden und konfrontierenden Charakter. Ziel solcher Fragen ist es, den Gesprächspartner auf bestimmte Weise zu beeinflussen und sein Verhalten zu korrigieren. Häufig will der Fragesteller sein Gegenüber dazu bringen, so zu denken bzw. zu handeln, wie er es für „richtiger“ hält. Ausnahmsweise sind strategische Fragen als provokative Intervention denkbar: Strategische Fragen können aufrütteln und verhindern, dass die Konfliktbeteiligten immer in denselben Mustern verharren. Sie können ein probates Mittel sein, um Blockaden aufzubrechen und neue Perspektiven zu erkennen. Sie können auch geeignet sein, um schnell „auf des Pudels Kern“ zu kommen.
Aber: nicht ohne Risiken und Nebenwirkungen
Schnell wird aber auch deutlich, wie gefährlich solche Fragen sein können. Denn sie können leicht als bevormundend und angreifend verstanden werden und damit auf Ablehnung und Widerstand stoßen. Wie bei: „Glauben Sie wirklich, dass Ihr Weg zum Erfolg führt?“ Noch etwas „härter“ formuliert: „Sie glauben doch nicht wirklich, dass Ihr Weg zum Erfolg führt?“
Auf die Haltung des Fragenden kommt es an!
Nicht allein die sprachliche Formulierung, sondern die dahinterstehende Grundhaltung des Fragenden wird über die Wirkung und damit Erfolg oder Misserfolg der Frage entscheiden. Häufig lassen konfrontative Fragen zwei Reaktionen zu: Entweder wirken sie beim Befragten genau so, wie es der Fragesteller beabsichtigt. Er setzt sich mit der Frage auseinander und versteht sie als hilfreiche Anregung. Dies wird dann der Fall sein, wenn der Fragesteller eine wertschätzende, offene Einstellung zum Gesprächspartner hat. Oder der Gesprächspartner bekommt den Eindruck, dass er mit der Frage „aufs Glatteis“ geführt werden soll, und wird sie ablehnen. Die Frage wird als Manipulationsversuch entlarvt und verfehlt ihre Wirkung. Unter Umständen geht der Befragte in den Verteidigungs- oder Angriffsmodus über.
Mein Tipp:
- Überprüfen Sie Ihre innere Einstellung und Beziehung zum Gesprächspartner. Wie tragfähig und belastbar sind diese? Wie sieht Sie Ihr Gegenüber?
- Betrachten Sie die Wirkung der Frage von der möglichen Antwort her.
- Formulieren Sie die Frage lieber offen: „Was würde passieren, wenn Sie den Konflikt weiter eskalieren?“, statt geschlossen: „Sie wollen den Konflikt also weiter eskalieren?“
Wie kann ich selbst auf solche Fragen reagieren?
- Zum Beispiel mit Selbstoffenbarung: „Ihre Frage irritiert mich. Worauf wollen Sie hinaus?“
- Alternativ mit einer Gegenfrage wie: „Was soll ich antworten? Welche Antwort wollen Sie hören?“ oder „Mir ist klar, was Sie jetzt hören wollen. Was soll das?“
Versuchen Sie, in die agierende Rolle zu kommen. Am besten mit Fragen wie: „Was bezwecken Sie mit Ihrer Frage?“ So erkennen Sie schnell die wahre Absicht.
Ansonsten wünsche ich Ihnen viel Vergnügen beim Fragen,
Ihr Bernhard Böhm
Übrigens:
Dieser Artikel stammt aus der Reihe „Kommunikation im Konlikt: Fragen statt Ratschläge?!“ und wird mit jeder neuen Ausgabe unseres Fachmagazins fortgeführt.