Wenn Sie nicht gerade ein Dasein als Eremit fristen, kennen Sie dieses Thema zur Genüge: Teamkonflikte. Sei es im Büro, in der Fußballmannschaft oder im temporären Projektteam – sobald Menschen in gegenseitiger Abhängigkeit interagieren, treten Probleme auf und im Laufe der Zeit entstehen Konflikte. Diese Tatsache wäre nicht weiter besorgniserregend, würden diese Konflikte nicht wie üblich ignoriert, verschwiegen und ausgesessen – beziehungsweise nur sehr stiefmütterlich behandelt. Ein erster Schritt zur Behandlung dieser Symptomatik könnte eine richtige Diagnose sein, denn die Konflikte in Arbeitsgruppen unterscheiden sich erheblich in ihrer Toxizität. Für eine bessere Bestimmung finden Sie im Folgenden eine kleine Typologie von Teamkonflikten. So sind Sie gegen den nächsten Knatsch im Büro besser gerüstet.
Worüber wird gestritten?
In der psychologischen Tradition werden Teamkonflikte als Intragruppenkonflikte bezeichnet und sind Gegenstand intensiver Forschung – allein seit Beginn des Jahres sind über 300 Forschungsergebnisse zu diesem Thema veröffentlicht worden. Um die gängigen Spielarten von Teamkonflikten sauber zu trennen und nicht Gefahr zu laufen, sich im Dschungel der mannigfaltigen Literatur zu verirren, soll uns die im Jahr 2012 im Journal of Applied Psychology erschienene Meta-Analyse von Frank de Wit, Lindred Greer und Karen Jehn als Kompass dienen.
Diese Studie baut auf einer Meta-Analyse aus dem Jahr 2003 (De Dreu/Weingart) auf und ist eines der meistzitierten Forschungspapiere aus diesem Bereich. Im Kern stellt das Papier eine mathematische Zusammenfassung von 116 empirischen Studien der letzten Jahre zum Thema Teamkonflikte dar. Die Autoren greifen hierzu eine dreiteilige Ordnungsstruktur von Teamkonflikten auf, die in der Literatur durchgehend zu finden ist: die Unterteilung in Aufgabenkonflikte, Beziehungskonflikte und Verfahrenskonflikte. Auf der Seite der Konsequenzen von Konflikten werden die zentralen Konstrukte Teamproduktivität und Arbeitszufriedenheit beschrieben. Die vielleicht naheliegende Intuition, dass Konflikte in Teams nur negative Seiten haben, kann pauschal nicht mit „Ja“ beantwortet werden. Es hängt von der Art des Konflikts ab, speziell von der Tatsache, ob es sich um einen funktionalen oder einen dysfunktionalen Konflikt handelt.
Bei einem Aufgabenkonflikt handelt es sich um eine Auseinandersetzung, die auch funktional sein kann und im Vergleich zu den anderen Varianten relativ harmlos ist. Dieser Typus beschreibt einen Konflikt oder eine Unstimmigkeit zwischen Individuen hinsichtlich einer Aufgabe. Er kann sich sowohl auf den Inhalt einer Aufgabe als auch auf deren beabsichtigtes Ziel beziehen. Die meisten Forschungsergebnisse zeigen auf, dass der Aufgabenkonflikt in kleinen Dosen eher als förderlich anzusehen ist, weil er den kontinuierlichen Austausch von Informationen zwischen Teammitgliedern fördert und zum nützlichen Perspektivwechsel anregt. Weitergehend wird dem Aufgabenkonflikt, in der sparsamen Dosierung, nachgesagt, dass er förderlich für ein kreatives Teamklima sei. Problematisch wird der Aufgabenkonflikt erst, wenn die Sachbezogenheit verloren geht und er auf die Beziehungsebene eines Teams übergreift.
Der Beziehungskonflikt beschreibt die Auseinandersetzung zwischen Individuen bezüglich einer persönlichen Eigenschaft einer Person oder Gruppe. Hierbei kann es sich um Persönlichkeitseigenschaften, Verhalten und Wirkung einer Person handeln. Da Beziehungskonflikte oft eine lange Vorlaufphase haben und für Außenstehende teils schwer erkennbar sind, ist die Konfliktdynamik unberechenbar, was diesen Typus so gefährlich macht. Beziehungskonflikte sind deswegen oft langwierig und von unproduktiver Natur.
Die dritte Spielart innerhalb der Teamkonfliktklassifizierung ist der Verfahrenskonflikt. Zentrales Element ist die Unstimmigkeit darüber, wie Arbeitsabläufe gestaltet werden sollten: Wer macht was, wie und in welcher Reihenfolge? Gründe für den Verfahrenskonflikt sind unzureichende Aufgabendelegation und intransparente Verantwortungszuschreibungen. Ähnlich dem Aufgabenkonflikt können allerdings kleine Dosen durchaus positiv für die Produktivität sein, da sich die Aufmerksamkeit für Verfahrensabläufe schärft.
Und jetzt?
Handeln! Egal welcher Konflikttypus Ihr Team befallen hat, er ist immer ein Indikator für Handlungsbedarf. Hierbei geht es nicht darum, eine klinisch saubere und konfliktfreie Zone zu generieren, sondern sich den Zyklen von Konflikten anerkennend und produktiv zu stellen. Dies ist nicht nur deswegen so wichtig, weil offene Konflikte zu den kostspieligsten Faktoren im Geschäftsbereich gehören, sondern auch weil ihre Klärung die wichtigste Ressource des Unternehmens, die Mitarbeiter, entlastet.
Denken Sie beispielweise an Konsequenzen wie verschwendete Arbeitszeit, verringerte Entscheidungsqualität, reduziertes Arbeitsengagement, Sabotage, abnehmende Motivation, Mobbing und eventuelle Gesundheitskosten. Der erste Schritt zur Lösung eines Konflikts ist das Eingeständnis, dass ein Konflikt vorliegt (nicht immer trivial!). Der zweite Schritt ist die richtige Diagnose, um welche Art von Konflikt es sich handelt – diese sollte Ihnen nun leichter fallen. Der dritte Schritt ist der offene und sachbezogene Umgang mit dem Konflikt – an dieser Stelle ist nur zu sagen, dass es wie immer kein Patentrezept gibt und dass Lösungen, die auf Interessensorientierung abzielen, in der Regel nachhaltiger sind.
Zum Schluss bleibt noch anzumerken, dass nicht jede Unstimmigkeit im Team oder mit einzelnen Kollegen gleich einen Konflikt darstellt und dass bereits eine gewisse Grundentspannung aller Teamakteure zu einem angenehmen Arbeitsklima beiträgt. Hierzu kommt nun für alle, die der polnischen Sprache nicht mächtig sind, die Übersetzung des Eingangszitats. Machen Sie sich immer bewusst: „Nicht mein Zirkus, nicht meine Affen“.
Autor: Klaus Harnack
Literatur
De Wit, Frank R. et al. (2012): The Paradox of Intragroup Conflict: A Meta-Analysis. Journal of Applied Psychology 97 (2), S. 360–390.
De Dreu, Carsten K. W./Weingart, Laurie R. (2003): Task Versus Relationship Conflict, Team Performance, and Team Member Satisfaction: A Meta-Analysis. Journal of applied Psychology 88 (4), S. 741–749.