Und wer hat jetzt Schuld?

Deutsche Unternehmen verlieren Jahr für Jahr rund 100 Milliarden Euro, weil jeder siebte Arbeitnehmer innerlich gekündigt hat – und wer hat Schuld? Einer der Gründe für fehlende Motivation ist ein mieser Umgang mit Fehlern im Betrieb. Statt aus Misserfolgen zu lernen, wird ein Schuldiger gesucht und abgestraft. Zehn Tipps für eine bessere Fehlerkultur.

Jeder siebte Arbeitnehmer hat innerlich gekündigt

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Das Markt- und Meinungsforschungsinstitut Gallup fragt regelmäßig danach, wie sehr sich Mitarbeiter mit ihrer Firma verbunden fühlen und wie sehr sie sich in ihrer Arbeit engagieren. Die Ergebnisse der vergangenen Jahre sind annähernd gleich niederschmetternd: Rund 15 Prozent brennen für ihren Job, rund 70 Prozent machen Dienst nach Vorschrift und rund 14 Prozent sind innerlich raus.

Einen Milliardenschatz heben

Das bedeutet einerseits: Aktuell arbeiten knapp sieben Millionen Menschen in Deutschland mit Begeisterung, rund 31 Millionen tun gerade mal das Nötigste und mehr als sechs Millionen sitzen ihren Vertrag aus. Das bedeutet andererseits: Es wäre ein Milliardenschatz zu heben, wenn es gelänge, dass sich mehr Mitarbeiter für ihr Unternehmen ins Zeug legen.

Eine der wichtigsten Stellschrauben dafür ist nach meiner Erfahrung die Frage, wie ein Unternehmen mit Fehlern umgeht. Oft wird nach Fehlschlägen ein Schuldiger gesucht – ein Begriff, den ich selbst wegen seiner biblisch geprägten Wucht vermeide. Mich interessiert nach Fehlschlägen stattdessen, wer dafür verantwortlich war, was ihn oder sie zu ihrer Entscheidungen bewogen hat und welche Lernergebnisse sich daraus für die Zukunft ableiten lassen.

Verantwortung schultern

Mitarbeiter haben keine Lust, Schuld auf sich zu laden. Mitarbeiter haben dagegen durchaus Interesse, Verantwortung zu schultern – wenn sie denn fair behandelt und angemessen unterstützt würden.

Zehn Tipps für eine bessere Fehlerkultur:

Tipp 1: Gehen Sie in Gedanken Ihren eigenen Berufsweg durch und überlegen Sie, aus welchen Fehlern Sie selbst gelernt haben.

Tipp 2: Überlegen Sie, was Ihnen geholfen hat, aus diesen Fehlern zu lernen (und welche Unterstützung Ihnen dabei womöglich gefehlt hat).

Tipp 3: Ziehen Sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern eine kritische Bilanz, wie das Unternehmen bislang mit Fehlern und Misserfolgen umgegangen ist.

Tipp 4: Beziehen Sie klar Stellung zu möglichen alten Verletzungen und Zurücksetzungen. Tenor: Nicht alles lässt sich heilen, aber vieles lässt sich künftig besser machen.

Tipp 5: Vereinbaren Sie mit Ihren Mitarbeiter Regeln für konstruktives Feedback.

Tipp 6: Sorgen Sie für regelmäßiges konstruktives Feedback, auch Ihrer eigenen Arbeit und Ihren eigenen Plänen gegenüber.

Tipp 7: Werten Sie Projekte regelmäßig aus: Was ist gut gelaufen, was ist schlecht gelaufen, was können wir beim nächsten Mal besser machen?

Tipp 8: Leben Sie den neuen Umgang mit Fehlern vorbildlich vor und greifen Sie ein, wenn Mitarbeiter von den neuen Regeln abweichen.

Tipp 9: Nehmen Sie den Satz “Fehler gehören zum Leben” nur dann in den Mund, wenn Ihnen die Mitarbeiter ernsthaft abnehmen, dass dieses Motto Ihrer Haltung entspricht (und keine Phrase aus dem jüngsten Führungstraining ist).

Tipp 10: Gestatten Sie sich selbst und Ihrem Team Fehler bei der Umsetzung der neuen Fehlerkultur. Auch aus diesen Fehlern lässt sich lernen…

Zu Risiken und Nebenwirkungen: Wenn die Chefin oder der Chef beschließt, dass die Firma ab morgen mit Fehlern ganz anders umgeht als bisher, werden die Mitarbeiter nicht sofort begeistert folgen. Manche werden über längere Zeit skeptisch bleiben, einzelne werden in ihrem Missmut verharren (weil es immer einfacher ist, sich als Opfer darzustellen, statt Eigenverantwortung zu übernehmen). Deswegen gibt es hier noch einen Bonus-Tipp:

Tipp 11: Seien Sie geduldig und bleiben Sie konsequent. Jede Veränderung braucht Zeit, auch die Veränderung der Fehlerkultur.

Die Tipps als Download hier.

 

 

Michael Neugebauer

Quelle: ©Michael Neugebauer

 

 

Michael Neugebauer ist Kommunikationscoach und leitet Führungskräfte-Treffen, Teambuilding-Seminare, Konfliktgespräche, Perspektiv-Workshops und Change-Prozessen. Auf seinem Blog veröffentlicht er regelmäßig Beiträge rund um das Thema Konflikt, Schuld und Versöhnung.

 

 

 

 

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