Eine Partnerschaft braucht Kommunikation, damit die Verbindung zwischen den beiden Liebenden aufrechterhalten und weiter vertieft wird. Durch Kommunikation können aber auch Missverständnisse, Kränkungen bis hin zu schwerwiegenden seelischen Verletzungen entstehen. Im folgenden Artikel wird beschrieben, worauf Paare bei der Kommunikation achten sollten, damit Gespräche zu gegenseitigem Verstehen führen und Konflikte gut gelöst werden können.
Wenn ich die Paare, die zu mir in die Konfliktberatung kommen, danach frage, wie sie sich kennengelernt haben und was sie jeweils attraktiv am anderen fanden, dann sagen die meisten: „Mit ihm/ihr konnte ich so gut reden. Ihm/Ihr konnte ich alles sagen und wir waren uns sofort sehr nahe im Gespräch.“ Wie kommt es, dass zwei Menschen, die durch Kommunikation eine solche Verbindung herstellen konnten, ein paar Jahre später gerade bei der Kommunikation Trennendes erleben?
Meine Antwort: Es fehlt an echter Begegnung auf der Paar-Ebene. Es fehlt am „intimen Gespräch“, das heißt dem Gespräch über die eigenen Gefühle, Bedürfnisse, Wünsche, Pläne, Enttäuschungen, Irritationen. Je mehr der Alltag das Paar in Beschlag nimmt, umso weniger bleibt Zeit für Gespräche, die unter dem Motto stehen: „Ich lasse dich wissen, wie es mir gerade mit dir geht.“ Was für frisch Verliebte wie selbstverständlich ist, gerät aus dem Blickfeld. Die Folge ist, dass man auf Interpretationen angewiesen ist, um sich auf das Verhalten des Partners einen Reim zu machen. Kränkungen, Verletzungen werden nicht mehr zum Thema gemacht – weil man ja sowieso zu wissen glaubt, was der andere sagen, wie er sich herausreden wird. Distanz schleicht sich ein, und das offene, intime Gespräch wird eher gemieden als in Gang gesetzt.
Ratschläge für die Liebesbeziehung
Wie kann das Paar wieder mit mehr Offenheit aneinander herantreten?
Zeit für Begegnung organisieren
Ungestörte gemeinsame Zeit miteinander zu verbringen, gehört zur Pflege der Liebesbeziehung und nährt sie so, als würde man eine Pflanze gießen. Paare, die mit Beruf und Kindern in der Rushhour des Lebens stehen, sollten hierfür Verabredungen treffen und in den Kalender eintragen. Immer abwechselnd sorgt ein Partner wie ein guter Gastgeber für den schönen Rahmen und der andere bringt sich – wie ein guter Gast – schon im Voraus in eine positive Stimmung.
Verantwortung für den Ausgang des Gesprächs übernehmen
Das klingt selbstverständlich – ist es aber nicht. Eine solche Verantwortung übernehme ich, wenn ich mich in eine möglichst offene, wohlwollende Haltung dem anderen und mir selbst gegenüber bringe und wenn ich während des Gesprächs auf meine Gefühle achte und „Stop“ sage, sobald mich Ärger, Wut, Enttäuschung zu überschwemmen drohen. Ich übernehme damit Verantwortung dafür, dass das Gespräch nicht eskaliert und wir uns nicht gegenseitig kränken. Hat einer von beiden „Stop“ gesagt, ist an dieser Stelle das Gespräch beendet. Man geht auseinander, um sich wieder zu beruhigen, und kommt zeitnah auf Initiative desjenigen, der das Gespräch abgebrochen hat, wieder zusammen.
Gefühle und Bedürfnisse mitteilen, Verhalten erklären
Dies ist der erste Schritt zu einem „intimen Gespräch“. Ich teile mich dem anderen mit. Ich bin dabei auch bereit, mein Verhalten infrage zu stellen. Ich mache mich verstehbar. Dies geschieht am besten abwechselnd, ohne dass eine Diskussion daraus entsteht. Der andere hört nur zu, fragt eventuell nach. Oft ist es nicht einfach, über die eigenen (negativen) Gefühle zu reden, ohne den anderen, der sie ja meist ausgelöst hat, anzuklagen oder wenigstens verdeckt diese oder jene Nadelstiche anzubringen: „Ich habe mich geärgert, als du, wie üblich, zu spät nach Hause gekommen bist.“ Damit ‚lade ich den anderen dazu ein‘, sich zu verteidigen, und schon beginnt eine Diskussion.
Wenig konstruktiv sind auch Interpretationen wie: „Gestern hatte ich so Lust auf dich, aber du bist mir dauernd ausgewichen!“ Besser ist es zu sagen: „Gestern hatte ich so Lust auf Dich, aber mir kam es so vor, als ob du mir ausweichst, denn du hast dich weggedreht, als ich hinter dir stand und dich berühren wollte.“
Kritik äußern
In einer Liebesbeziehung, noch dazu wenn wir Alltag miteinander leben, wird es immer wieder vorkommen, dass wir einander mit unserem Verhalten, unseren Angewohnheiten, unseren „Mödeli“, wie die Schweizer sagen, eine Zumutung sind. Kritik äußern ist zum einen notwendig, damit der Partner weiß, was mich an ihm aufregt. Zum anderen ist gerade in einer Liebesbeziehung nichts so heikel wie Kritik. Von dem Menschen, dem ich meine verletzlichsten Seiten zeige, möchte ich mich nicht kritisiert fühlen. Mit dieser Abwehr muss also derjenige rechnen, der eine kritische Bemerkung macht.
Wie kann es dennoch gut ausgehen? Oft hilft es, die Kritik anzukündigen: „Darf ich dir etwas Kritisches sagen?“ Dann kann sich der andere wappnen und fühlt sich nicht überrumpelt. Die Kritik sollte sich auf etwas Konkretes beziehen und zeitnah erfolgen. Nicht: „Du kaufst immer zu viel ein und dann vergammelt es im Kühlschrank!“, sondern: „Ich sehe gerade, dass die Wurst im Kühlschrank schlecht geworden ist. Es kommt mir so vor, dass du zu viel eingekauft hast.“ Damit nachvollziehbar ist, was mich eigentlich daran stört, kann ich hinzufügen: „Mir widerstrebt es so, Lebensmittel wegzuwerfen.“ Und schließlich sollte sich ein konkreter Wunsch anschließen: „Könntest du beim nächsten Mal bitte weniger Wurst einkaufen?“
Gute Lösungen suchen
Nun können wir uns vorstellen, dass eine Einigung beim Thema ‚Wurst einkaufen‘ möglich ist. Bei anderen Konfliktthemen ist es oft schwieriger. Er deutet auf sein Smartphone: „Sollen wir für nächsten Sommer dieses Ferienhaus an der Ostsee buchen? Super günstig mit Frühbucherrabatt!“ Sie reagiert ärgerlich: „Woher soll ich denn jetzt schon wissen, was ich nächstes Jahr im Sommer machen will!“ Hier prallen zwei unterschiedliche Bedürfnisse aufeinander: Er möchte gern lange im Voraus planen und Geld sparen. Sie möchte lieber spontan entscheiden und ist bereit, dafür mehr Geld auszugeben. Diese Unterschiede münden schnell in einen handfesten Konflikt, wenn Abwertungen dazukommen. Wenn er also antworten würde: „Dir ist es wohl völlig egal, ob wir Geld sparen!“, und sie daraufhin: „Und du willst mich ständig dominieren und festlegen!“
Die Kunst der Paarbeziehung ist es, unterschiedliche Bedürfnisse unbewertet gelten lassen zu können. Vielleicht kann man dabei auch entdecken, dass der Partner etwas vertritt, das einem selbst abhandengekommen ist. So könnte er erkennen, dass Spontaneität und Flexibilität für ihn Entwicklungs-Herausforderungen sind. Während sie erkennen könnte, dass ihre Entwicklungs-Herausforderungen langfristige Planung und Konsequenz sind. Dann ist der Schritt nicht mehr weit zu guten Lösungen.
Dies können Kompromisse sein (Wir planen zwar, aber erst Anfang des Jahres) oder auch die Vereinbarung „Mal so wie du willst und mal so wie ich will“ (einmal lässt sie sich auf seine Planung ein, ein andermal er sich auf ihre Spontaneität). Was auch immer gefunden wird, es sollten Lösungen sein, zu denen beide „Ja“ sagen können. Wenn sich dauerhaft nur einer durchsetzt oder dauerhaft nur einer seine Bedürfnisse zurückstellt, kommt die Beziehung in Schieflage. Das tut der Liebe nicht gut. Also ist es notwendig, die gefundene Lösung nach einiger Zeit noch einmal zu überprüfen, ob die Lösung für beide wirklich gut war.
Resümee
Diese konkreten Empfehlungen für die Kommunikation zwischen Lebenspartnern können natürlich variiert und dem eigenen Sprachgebrauch angepasst werden. Ein wenig künstlich wird es aber schon anfangs klingen. Man kann es sich wie Tanzen lernen vorstellen. Das holpert am Anfang auch ein wenig, wird dann aber immer geschmeidiger. Dabei wächst die Freude an der gemeinsamen Bewegung und mit der Freude aneinander wächst auch das Vertrauen, wächst auch die Liebe.
Über die Autorin
Bettina Jellouschek-Otto, Jahrgang 1956, lebt und arbeitet als Paartherapeutin, Referentin und Coach in Ammerbuch bei Tübingen. Gemeinsam mit ihrem Mann, Dr. Hans Jellouschek, hat sie mehrere Sachbücher zu Paar-Themen veröffentlicht. Sie ist das zweite Mal verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.