Sexuelle Belästigung bringt Semper Oper in Krise

Im Ensemble der Semper Oper herrschte schon seit Herbst schlechte Stimmung. Im Dezember wirft der Erste Solist István Simon dem Ersten Ballettmeister Gamal Gouda vor, er habe ihn verbal sexuell belästigt. Jeder erzählt seine Version der Geschichte, die jeweils nicht mit der anderen zusammen passt. Die Oper übergab die Angelegenheit einer Anwaltskanzlei zur Klärung des Sachverhalts.

Der Erste Ballettmeister gab daraufhin eine eidesstattliche Erklärung ab: an den Vorwürfen sei nichts dran. Der Erste Solist nahm einen eigenen Anwalt. Die Zusammenarbeit mit dem Anwaltsbüro, das von der Oper beauftragt wurde, lehnte er ab und unterzog sich zudem einem Lügendetektortest.

Doch selbst vor dem Arbeitsgericht war nicht zu klären, was wirklich geschehen war. Auch die anwaltlichen Untersuchungen scheiterten.

Ergebnis: Die Oper kündigt dem Tänzer außerordentlich mit der Begründung: Zerstörung des Vertrauensverhältnisses.

Management räumt Optimierungsbedarf ein

Krisen und schlechte Stimmung gibt es auch in manchen anderen Theatern, meist ein Indiz für unzureichendes Personalmanagement. Doch Intendant Wolfgang Rothe hat jetzt „Optimierungsbedarf“ eingeräumt, den es zu prüfen gilt.

Extremer Leistungsdruck, Konkurrenz und befristete Verträge befördern bei den Künstlern ein Klima der Angst. Es gibt bereits anonyme Beschwerden, doch diese haben die Direktion noch nicht zum Handeln veranlasst.

Beide Seiten sind hier gefordert: Die Leitung muss die volle Verantwortung für ihre Schutzbefohlenen übernehmen. Und die Künstler müssen lernen, sich zu behaupten. Eine offene Streitkultur und eine moderne Führungskultur kann solchen Krisen rechtzeitig entgegentreten.

Doch moderne Managementmethoden sind im Theaterbetrieb noch nicht häufig vorzufinden. Wie auch im Wirtschaftsleben werden Menschen nach wie vor allein aufgrund ihre exzellenten Leistungen in Führungspositionen gebracht, denen es an menschlichen Führungsqualitäten mangelt. Auch Gamal Gouda wurden exzellente Leistungen als Tänzer, aber ein autoritärer Führungsstil attestiert, weswegen es schon früher Beschwerden gab.

Mediation hätte die Eskalation verhindern können

Eine Mediation oder Supervision hätte die Eskalation vermutlich frühzeitig verhindern können. Das haben Ballettdirektor Aaron Watkin und sein Leitungsteam in der Rückschau des Konflikts eingeräumt.

Weitere Details: http://www.sueddeutsche.de/kultur/tanz-und-sexuelle-uebergriffe-selber-denken-giselle-1.3928381

Quelle: Süddeutsche Zeitung. sz.de: Tanz und sexuelle Übergriffe Selber denken, Giselle! Von Dorion Weickmann. 2. April 2018.

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