Wenn es um den eigenen Profit geht, verhandeln Frauen im Schnitt etwas schlechter als Männer. Das ist unter anderem dadurch begründet, dass Frauen im Mittel eine ausgeprägtere Fähigkeit und Bereitschaft zur Empathie besitzen und dadurch andere nicht benachteiligen möchten.
In einer Studie zeigten Bowles, Babcock und McGinn (2005) jetzt einen interessanten Trick auf, mit dem dieser Geschlechtereffekt nicht nur ausgeglichen, sondern sogar umgekehrt werden kann. In der Studie simulierten je zwei Versuchspersonen eine Gehaltsverhandlung, wobei eine Person die Rolle des Chefs bzw. der Chefin einnahm und die andere Person ihr neues Gehalt nach einer Beförderung verhandeln sollte. Ohne weitere Anweisungen verhandelten die Männer hierbei für sich im Schnitt 146.000 US-Dollar, während die Frauen mit 141.000 US-Dollar darunterlagen. In der zweiten Versuchsanordnung änderten die Autoren allerdings ein kleines Detail, was einen enormen Effekt mit sich brachte: Plötzlich erzielten die weiblichen Probanden mit 167.000 US-Dollar ein deutlich besseres Ergebnis als die Männer, bei denen diese Manipulation keinen signifikanten Unterschied machte.
Was hatten die Autoren geändert? Statt die Bewerber ihr eigenes Gehalt verhandeln zu lassen, bekamen sie die Anweisung: „Stellen Sie sich bitte vor, Sie seien Ihr eigener Mentor – nicht Sie selbst.“ Dieses einfache Reframing der Situation führte dazu, dass die weiblichen Versuchspersonen härter und länger verhandelten, weil sie sich (gefühlt) für jemand anderen einsetzten. Dieses Gefühl von Verantwortung bestärkte die Frauen in ihrer empathischeren Art besonders. – Wenn Sie das nächste Mal also in einer ähnlichen Situation verhandeln, dann tun Sie dies nicht für Ihren eigenen Profit, sondern beispielsweise für das Wohl Ihrer Familie.
Zum Autor: Wie in den vorausgegangenen Ausgaben der Mediation erhält die nächste Generation von Verhandlungsführern und Mediatoren die Möglichkeit, kreative Ideen, Entdeckungen und Hinweise in Kürze vorzustellen. In dieser Runde der Nachwuchsseite kreierten Teilnehmer des Master-Kurses „Verhandlung und Konfliktmanagement“ der Universität Münster durch leichte Adaptionen bekannter Sprichwörter oder Volksweisheiten mediative Merksätze, die sich auf aktuelle wissenschaftliche Befunde der Verhandlungsforschung stützen, um den Einsatz empirischen Wissens in der Praxis zu erleichtern. Hier ein Beitrag des Studenten Julian Scharbert.
Bowles, Hannah Riley / Babcock, Linda / McGinn, Kathleen L. (2005): Constraints and Triggers: Situational Mechanics of Gender in Negotiation. Journal of Personality and Social Psychology 89 (6), S. 951.