Interkulturelle Mediation – ein Thema unserer Zeit

Was verstehen wir unter dem Begriff „interkulturell“? Bei Interkulturalität geht es um einen Interaktionsprozess auf verbaler oder nonverbaler Ebene zwischen den Angehörigen unterschiedlicher Kulturen. Die Kultur wird, vereinfacht gesprochen, als ein Gebilde des Menschen als Sozialwesen verstanden. Jeder Mensch ist mit seinen Handlungsgewohnheiten unter anderem durch seine Familie und das soziale Umfeld, dessen Art zu denken, zu fühlen und zu urteilen geprägt. Bei der interkulturellen Interaktion entsteht ein neuer gedanklicher, emotionaler, kommunikativer Austausch und Handlungsbeginn, der einen Schaffungsprozess symbolisiert, ein Aufeinanderzugehen, ein Verstehenlernen des anderen bei gleichzeitiger Überbrückung sprachlicher Barrieren. Schon landestypische Dialekte können die gemeinsame Kommunikation erschweren.

Um kulturelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu erkennen, benötigen wir Feingefühl. Betrachten wir etwa die deutsch-deutsche (Ver-)Einigung im Jahr 1989, dann sehen wir, dass hier eine erhebliche interkulturelle Brisanz gegeben war und immer noch besteht. Wie viel mehr müssen wir mit einer solchen rechnen, wenn Kulturen aus Ländern aufeinanderprallen, die nicht einmal die gleiche Sprache sprechen? Genau darin besteht die Herausforderung unserer Zeit. Der Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen, die andere Wertvorstellungen und Verhaltensweisen haben, ist Teil unseres Alltags geworden. Hieraus resultiert die Größe der interkulturellen Herausforderung: Menschen handeln oft willkürlich und spontan, ohne zu überlegen, wie sie sich korrekt verhalten und ausdrücken müssen.

Wo fängt die Unterschiedlichkeit an, wo hört sie auf? Worauf müssen wir bei unserem Miteinander achten? Kennen wir unsere eigene Landeskultur so gut, dass wir Konflikte mit unseren Landsleuten bewältigen können? Auf die kommunikativen und nonverbalen Feinheiten kommt es an. Die nonverbale Kommunikation orientiert sich noch stärker als die verbale am kulturellen Kontext und an Konventionen. Nonverbale Äußerungen können verschlüsselte Signale sein, die richtig interpretiert werden müssen. Dazu ein Beispiel: Im Orient und in Japan gilt es als despektierlich, in die Augen von Respektspersonen (z. B. Eltern, Vorgesetzte) zu blicken. Im europäischen Raum wird wiederum ein Nicht-in-die-Augen-Schauen als Respektlosigkeit oder Desinteresse gegenüber dem Gesprächspartner bewertet.

Was bedeuten diese Feinheiten für die Mediation? Für ihr Gelingen sind die Nuancen kultureller Unterschiede, die nonverbalen Sequenzen besonders zu beachten, damit sich jeder Mediand verstanden fühlt. Die Funktion des Mediators gleicht der eines Dolmetschers: Er muss Differenzen in Wertanschauungen, Verhaltensweisen überbrücken und kommunikative Hindernisse beseitigen. Der Mediator sollte eine gewisse kulturelle Intelligenz verinnerlicht haben – das Wissen um kulturelle Unterschiede, ohne sie zu verallgemeinern. Wichtig ist eine den Prozess begleitende Wertschätzung für den Einzelnen. Gleich zu Beginn sollten gemeinsame Regeln für Gerechtigkeit und Verhaltensweisen erarbeitet werden.

Der fortschreitende Wandel unseres Zusammenlebens wird zunehmen – ob wir diesen Wandel erfolgreich gestalten, hängt nicht zuletzt von unserer interkulturellen Kommunikationskompetenz ab.

Zum Nachlesen, z. B.: Kriegel-Schmitt, Katharina / Zwania-Rößler, Isabell / Schmidt, Klaus (2019): Neuer Umgang, mit Vielfalt: Kulturelle Sehweisen für Mediatoren mit dem Perspektiven-Modell. In: Kracht, Stefan / Niedostadek, André / Sensburg, Patrick: Praxishandbuch Professionelle Mediation. Methoden, Tools, Marketing und Arbeitsfelder. Berlin / Heidelberg: Springer Link.

Hilda Barzinmehr, Business & Interkulturelle Mediation

Petra Scholz, Vorstandsmitglied DGM und Repräsentantin NRW Deutsche Stiftung Mediation

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