Das Prinzip der freien Wahlmöglichkeit – Die Auswahl eingetragener Mediator/-innen in Österreich
Ausgehend von wesentlichen gesetzlichen Bestimmungen gibt der vorliegende Artikel einen Überblick darüber, welche eingetragenen Mediator/-innen* in Österreich von den Parteien einer Mediation ausgewählt werden können.
Mathias Schuster
Freie Wahl aus der Liste des Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz
Bei Mediationen nach dem ZivMediatG (Zivilrechts-Mediations-Gesetz) besteht das Prinzip der freien Wahlmöglichkeit. Die Parteien können somit auf eine/n der 2.214 eingetragene/n Mediator/-innen zurückgreifen, die derzeit in der vom Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz geführten Liste verzeichnet sind (Stand 12. Juli 2018). Dabei besteht auch die Möglichkeit, dass mehrere eingetragene Mediator/-innen in Teams zusammenarbeiten. Grundsätzlich dürfen gemäß § 16 Abs. 2 ZivMediatG eingetragene Mediator/-innen nur mit Zustimmung der Parteien tätig werden (bei Zuwiderhandeln droht eine Geldstrafe bis zu 3.500 €).
Das Prinzip der freien Wahlmöglichkeit zugunsten eingetragener Mediator/-innen wird auch in anderen Bestimmungen fortgeführt – beispielsweise in § 79m GTG (Gentechnikgesetz), § 7 KraSchG (Kraftfahrzeugsektor-Schutzgesetz) oder § 364 Abs. 3 ABGB i. V. m. Art. 3 des Zivilrechts-Änderungsgesetzes 2004 (Mediation bei Entzug von Licht und Luft durch Bäume oder andere Pflanzen).
Freie Wahl aus der Liste des Sozialministeriumservice
Im Rahmen spezieller Schlichtungsverfahren – etwa gemäß § 15 BGStG (Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz) – kann eine Person aus der eigens eingerichteten Liste beim Sozialministeriumservice ausgewählt werden. Hierbei handelt es sich um eingetragene Mediator/-innen nach dem ZivMediatG, die noch zusätzliche Voraussetzungen (wie etwa barrierefrei zugängliche Räume und Kenntnisse der gesetzlichen Bestimmungen der Behindertengleichstellung) nachzuweisen haben.
Eingeschränkte Wahl aus der Liste des Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz
Hingegen wird das Prinzip der freien Wahlmöglichkeit beispielsweise in § 15a BAG (Berufsausbildungsgesetz) stark eingeschränkt. Bei der sogenannten Lehrlingsmediation hat
die/der Lehrberechtigte zunächst eine/n eingetragene/n Mediator/-in aus der Liste des Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz vorzuschlagen. Der Lehrling kann diese Auswahl akzeptieren oder die genannte Person unverzüglich ablehnen und sich zwischen zwei weiteren eingetragenen Mediator/-innen entscheiden, die die/der Lehrberechtigte sodann vorzuschlagen hat. Mangels unverzüglicher Auswahl gilt der Erstvorschlag als angenommen.
Fazit zum Prinzip der freien Wahlmöglichkeit
Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass der österreichische Gesetzgeber in vielen Bestimmungen das Prinzip der freien Wahlmöglichkeit verankert hat. Auch in anderen Bereichen – wie beim Erstgespräch über Mediation (§ 107 Abs. 3 AußStrG) oder dem (gerichtlichen) Mediationsvergleich gemäß § 433a ZPO – wäre in der jeweiligen Bestimmung ein entsprechender Verweis zugunsten eingetragener Mediator/-innen nach ZivMediatG oder Mediator/-innen mit gleichzuhaltender Qualifikation wünschenswert.
* Auf Mediationen mit nicht eingetragenen Mediator/-innen kann in diesem Beitrag nicht eingegangen werden.
Literatur
Drexler, Herbert (2013): Fortbildungsnachweis für eingetragene MediatorInnen. Mediation aktuell, 3/2013, S. 22 f.
Frauenberger-Pfeiler, Ulrike/Schuster, Mathias (2014): Mediation und Recht – Die rechtlichen Grundlagen der Mediation im Überblick. Mediation aktuell, 2/2014, S. 12 f.
Graf, Ilse (2014): Die geförderte Familienmediation. Mediation aktuell, 1/2014, S. 8 f.
Günther, Barbara/Steiner, Elisabeth (2015): Das große 1×1 der Berufsausübung. Mediation aktuell, 1/2015, S. 20–22.
Höcher, Markus (2012): Mediation und Aussageverweigerungsrecht im Strafprozess. Mediation aktuell, 3/2012, S. 24.
Philadelphy, Valentina/Schuster, Mathias (2014): Das Erstgespräch über Mediation. Mediation aktuell, 1/2014, S. 13.
Risak, Martin (2016): Lehrlingsmediation – Ein rechtlicher Überblick. Mediation aktuell, 1/2016, S. 17.
Schuster, Mathias (2013): Die „verpflichtende“ Nachbarschaftsmediation. Mediation aktuell, 3/2013, S. 11.
Schuster, Mathias (2012): Der (gerichtliche) Mediationsvergleich. Mediation aktuell, 2/2012, S. 17.
Schuster, Mathias (2015): Mediation im KFZ-Bereich. Mediation aktuell, 1/2015, S. 17.
Die gesamte hier angeführte Literatur zum österreichischen Mediationsrecht ist unter www.öbm.at abrufbar.
———————————————————————————————————-
Dr. Mathias Schuster
Jurist, eingetragener Mediator, Generalsekretär des Österreichischen Bundesverbands für Mediation (ÖBM).
———————————————————————————————————-
Das österreichische Zivilrechts-Mediations-Gesetz (ZivMediatG)
§1 (1) Mediation ist eine auf Freiwilligkeit der Parteien beruhende Tätigkeit, bei der ein fachlich ausgebildeter, neutraler Vermittler (Mediator) mit anerkannten Methoden die Kommunikation zwischen den Parteien systematisch mit dem Ziel fördert, eine von den Parteien selbst verantwortete Lösung ihres Konfliktes zu ermöglichen. (2) Mediation in Zivilrechtssachen ist Mediation zur Lösung von Konflikten, für deren Entscheidung an sich die ordentlichen Zivilgerichte zuständig sind.
§8 Der Bundesminister für Justiz hat eine Liste der Mediatoren zu führen. In der Liste sind Vor- und Familiennamen, Geburtstag, die Bezeichnung des sonstigen Berufs des Mediators, seine Arbeitsanschrift und sein akademischer Grad anzugeben. Gibt der Mediator seinen fachlichen Tätigkeitsbereich oder seine fachlichen Tätigkeitsbereiche an, so sind auch diese in der Liste anzuführen. Die Liste der Mediatoren ist in geeigneter Weise elektronisch kundzumachen.
———————————————————————————————————-