Leipziger Impulsgespräch: "Aktivität ist das, was gutes Marketing von schlechtem unterscheidet"

Ohne Marketing kein wirtschaftlicher Erfolg. Doch gerade Berater tun sich häufig schwer damit, ihre Lösungen werbewirksam darzustellen. Dabei ist das eigentlich gar nicht so schwer – vorausgesetzt, man geht planvoll und zielgerichtet vor. Im Gespräch mit Herausgeber Gernot Barth zeigt die Marketing-Expertin Viola Möbius auf, welche drei Punkte ein sinnvolles Marketing ausmachen, und gibt anhand von Beispielen und Anekdoten wertvolle Impulse für die Praxis

Herausgeber Prof. Dr. Gernot Barth im Gespräch mit Viola Möbius

Gernot Barth: Guten Tag, Viola! Die Leserschaft unserer Zeitschrift setzt sich vor allem aus Mediatoren, Supervisoren und Coaches zusammen – Berufsgruppen, die sich nicht nur fachlich behaupten, sondern auch im Marketing fit sein müssen. Zumindest in der Theorie. In der Realität hat die Beraterbranche hier allerdings einige Defizite – ganz im Gegensatz zu dir. Wer bist du und was macht dich und deine Arbeit aus?

Viola Möbius: Ich komme aus der Medienbranche, da habe ich vor 30 Jahren meine Karriere begon- nen. Heute bin ich Expertin für Sichtbarkeit und Expertenstatus. Darüber hinaus bin ich Bestseller- Autorin und Keynote-Speakerin. Im Laufe meiner Karriere war ich im Grunde immer damit beschäftigt, mich selbst „zu Markte zu tragen“, und habe im Zuge dessen gemerkt, dass auch andere Menschen von meinen Tipps und Ideen profitieren können. Viele betrachten die eigene Person als das am schwersten zu vermarktende Produkt überhaupt – dabei gilt es häufig einfach nur, auf den Markt zu hören. Ich jedenfalls brenne dafür, tolles Marketing zu machen. Das ist für mich eine echte Herzensangelegenheit.

Bescheidenheit ist im Marketing fehl am Platz.

Was sind aus deiner Sicht die größten Herausforderungen in Sachen Marketing für die Beraterbranche?

Im deutschsprachigen Raum wird Marketing oft mit Aufschwatzen und Klinkenputzen assoziiert. Hier braucht es eine Änderung des Mindsets. Denn nur wenn ich selbst von mir oder meinem Produkt überzeugt bin, kann ich auch anderedavon überzeugen. Die Bescheidenheit, die uns oft schon im
Kindesalter mit Sätzen wie „Nimm Dich nicht so wichtig“ anerzogen wird, ist dabei fehl am Platz. Am Markt muss man etwas Besonderes sein, um sich zu behaupten. Beim Marketing gilt es, einen Fokus zu setzen. Auch Sichtbarkeit ist ein wichtiges Thema. Viele Menschen haben ein großes Wissen, bemerkenswerte Fähigkeiten und zahlreiche Ideen, mit denen sie anderen weiterhelfen könnten. Gleichzeitig ist auch der Bedarf an Beratung immens – nur die Berater sind unsichtbar. Ebenfalls von hoher Bedeutung: der Marketingplan – denn dieser fehlt häufig. Wenn ich frage: „Was sind deine drei Marketingmaßnahmen für diese Woche?“, schaue ich meist in lange Gesichter. Zudem ist es sinnvoll, nicht einen Bauchladen an Produkten und Dienstleistungen anzubieten, sondern beim Marketing einen Fokus zu setzen: Welche eine Sache muss der Markt unbedingt über mich wissen?

Es kann sich lohnen, dort hinzugehen, wo das Licht schon brennt. 

Es mangelt also häufig an Sichtbarkeit und Präsenz. Was ist nötig, damit Berater in der Lage sind, diese zu erhöhen und so ihr Marketing-Potenzial besser zu nutzen?


Das Wichtigste ist die Änderung der eigenen Einstellung. Ich darf mich nicht schlecht fühlen, wenn ich mich und meine Lösungen darstelle, sondern muss darauf brennen, anderen Menschen mitzuteilen, wer ich bin und was ich zu bieten habe, um ihr Leben zu verbessern. Auch der bereits erwähnte Marketingplan spielt eine zentrale Rolle. Nehmen Sie sich einmal die Zeit und schreiben Sie 20 Marketing-Maßnahmen auf! Diese müssen Sie sich nicht einmal alle selbst überlegen, sondern können sich auch vom Markt inspirieren lassen oder Suchmaschinen und KI befragen. Anschließend nehmen
Sie sich jeden Tag eine Maßnahme vor und setzen diese um. Um das eigene Alleinstellungsmerkmal herauszufinden, ist es zudem sinnvoll, die eigenen Kunden ins Boot zu holen. Fragen Sie einfach einmal: „Angenommen, ein Außerirdischer käme und würde wissen wollen, wer ich bin und wofür ich stehe –
was wäre das?“

Man kann es sich auch ganz leicht machen und dort hingehen, wo das Licht schon brennt, wo schon Aufmerksamkeit vorhanden ist. Das ist vor allem dann sinnvoll, wenn die Ideen und das Budget begrenzt sind. Ein Freund von mir hat ein kleines Bootsunternehmen in Hamburg. Er ist mit seinen Booten
häufig neben den großen Kreuzfahrtschiffen in den Hafen eingefahren. Wann auch immer jemand von diesen ein Foto oder Video gemacht hat, er war mit drauf – und das ohne nennenswerte Kosten. Bei größeren Events kann es sich lohnen, sich im Dunstkreis der Kamera aufzuhalten. Man muss sich gar nicht unbedingt in den Vordergrund drängen, um wahrgenommen zu werden, es reicht schon, dass man gesehen wird. Ein großer Pizzalieferant hat während eines Streiks in den USA einmal kostenlos Pizzen ausgeliefert – das Logo auf den Verpackungen war in der medialen Berichterstattung stets präsent.

Am Markt gewinnt nicht zwangsläufig der Beste – sondern derjenige, der am aktivsten ist.

Interessant ist bei deinen Erzählungen, dass das Marketing abgekoppelt ist von dem, was jemand kann. Es geht also zunächst um Sichtbarkeit und darum, die eigene Botschaft in die Welt zu tragen.

Es ist natürlich wichtig, dass man im Nachhinein auch abliefert. Aber ganz realistisch betrachtet: Am Markt gewinnt nicht zwangsläufig der Beste – sondern derjenige, der am aktivsten ist. Aktivität ist meist das, was gutes, also erfolgreiches Marketing von schlechtem unterscheidet. Als guter Marketer muss
ich mehr agieren als reagieren – selbst wenn das bedeutet, dass man sich einfach nur dazustellt. Bei den meisten Beratern genügen bereits wenige Aktivitäten, man muss sich nicht monatelang mit dem Thema Marketing beschäftigen. Oft reicht schon eine kleine Sache aus, um eine große Veränderung zu erzielen, darauf weise ich auch immer in meinem Mentoring-Programm hin. Unser Gehirn lässt sich super trainieren. Üben Sie sich beispielsweise in Rhetorik, eignen Sie sich Skills rund um die Aufnahme und den Schnitt von Videos an oder beschäftigen Sie sich mit dem Einmalseins des Marketings! Sinnvoll ist es auch, Menschen zu beobachten, die das Ziel, das ich mir gesetzt habe, bereits erreichen konnten. Wenn ich einen Berg besteigen möchte, frage ich nicht meine Nachbarin, sondern bitte zehn erfahrene Bergsteiger, mir einen Tipp zu geben. Und schon habe ich eine Art Top-10-Liste!

2025-06-20_Q3-2025-Viola-Moebius_B2

Menschen kaufen nicht nur ein Produkt, sie kaufen auch die Power, die davon ausgeht.

Ist es möglich, sich auch außerhalb der eigenen Branche und Profession inspirieren zu lassen? Marketing läuft ja immer nach ähnlichen Grundsätzen ab, vieles dürfte sich deshalb übertragen lassen.

Ja, da hast du vollkommen recht. Schaue ich mir meine Mitbewerber an, gibt es meist nur wenige herausragende Persönlichkeiten oder Unternehmen, die ich kopieren kann. Es ist lohnenswert, über den Tellerrand zu schauen und Tricks und Ideen aus anderen Branchen mitzunehmen und diese auf die eigene Realität zu übertragen. Es gibt so viele Menschen, die cooles Marketing machen! Wer einfach nur imitiert, was die anderen aus der Branche machen, geht unter. Viel besser wäre es zu schauen, was meine Wettbewerber eben nicht machen. Ihre Bescheidenheit dürfen Sie dabei zu Hause lassen, im Marketing sind Superlative nicht nur erlaubt, sie sind sogar erwünscht. Muhammad Ali war nicht nur ein genialer Boxer, er war auch ein genialer Marketer. Im Vorfeld eines seiner ersten großen Kämpfe wurde er von einem Journalisten gebeten, sich zu äußern. Ali sagte einfach nur: „Ich bin der Beste.“ Das klang großspurig, seine legendäre Karriere hat ihm aber recht gegeben. In späteren Artikeln, Interviews und Nachrufen wurde genau dieser Satz häufig zitiert. Berater sollten sich deshalb Gedanken machen, was andere über sie wissen müssen, und diese Botschaft verbreiten. Dazu braucht es Feuer und Energie. Menschen kaufen nicht nur ein Produkt, sie kaufen auch die Power, die davon ausgeht.

Wichtig ist es, die eigenen Marketing-Fähigkeiten kontinuierlich auszubauen.

Du erwähntest das Thema Superlative. Muhammad Ali ist seiner Aussage „Ich bin der Beste“ gerecht geworden. Es gibt aber auch schwarze Schafe, die beispielsweise damit locken, einen reich zu machen, und am Ende muss man Privatinsolvenz anmelden. Ich könnte mir deshalb gut vorstellen, dass viele Menschen sich davor scheuen, im Rahmen ihres Marketings großmundige Versprechungen zu machen. Wie siehst du das? Ist diese Einstellung vielleicht eine für Deutschland spezifische Mentalität?

Ja, durchaus. Es gibt viele Menschen, die fachlich sehr versiert sind, denen aber von Kindesbeinen an Selbstzweifel antrainiert wurden. Dabei sollte man genau die eigene Expertise zu Markte tragen, um ein Feedback in Form von Klickzahlen, Verkäufen und Umsatzerhöhung zu erzielen. Und das geht eben nur, indem man aktives Marketing betreibt. Wichtig ist es dabei, die eigenen Marketing-Fähigkeiten kontinuierlich auszubauen, selbst wenn man klein anfängt. Auch simple Mund-zu-Propaganda ist bis heute ein extrem wirksames Marketing-Instrument.

Wer keine positive Einstellung zum Geld hat, kann auch keines verdienen.

Welche Rolle spielt Geld dabei?

Ein ganz spannendes Thema! Oft heißt es, Geld verdirbt den Charakter. Ich finde: Wer keine positive Einstellung zum Geld hat, kann auch keines  verdienen. Es gibt Naturgesetze, die unabhängig von Mensch, Raum und Zeit konstant sind – eines davon ist das Gesetz der Anziehung. Wer kein Geld mag, wer kein Marketing mag, wird auch keine Kunden und Verkäufe generieren. Auch das ist meiner Meinung nach eine Sache der Einstellung.

Es ist ein kulturelles Phänomen unserer Zeit, dass das Streben nach Geld und Umsatz in verschiedenen Kreisen als negativ betrachtet wird. Viele scheuen sich, diesen Wunsch öffentlich zuzugeben.

Definitiv. An dieser Stelle aber ein kurzer Realitätscheck: Wir leben im Kapitalismus – ohne Moos nichts los. Unter Umständen muss man sogar für das Luftschnappen auf der Aussichtsplattform bezahlen. Geld ist allgegenwärtig, auch wenn das Thema hierzulande oft tabuisiert wird. Ganz anders erlebe ich
das beispielsweise, wenn ich in Dubai unterwegs bin. Dort fragt man mich nicht: „Wie heißt du?“, sondern: „Was verkaufst du?“ Hier gilt es, kurz und prägnant darzustellen, was man zu bieten hat und für was man brennt.

Alltägliche Aktivität und Präsenz sind im Marketing enorm wichtig.

Cross-Channel-Marketing ist dafür heutzutage unumgänglich. Häufig stelle ich fest, dass Menschen auf verschiedenen Portalen verschiedene Dinge vermarkten. Sinnvoll ist das allerdings nicht. Es gilt, sich auf ein Alleinstellungsmerkmal zu konzentrieren. Wer meine Kanäle besucht, wird beispielsweise überall mein 40-Seiten-Ratgeber®-Erfolgskonzept finden. Mit diesem speziellen Tool, dessen Founder ich bin, bin ich auf dem Markt bekannt. Dass man im Hintergrund noch viel mehr macht, ist klar. Doch ein Merkmal reicht oft aus. Ich kann mir eine besondere Fähigkeit antrainieren oder ein besonderes Produkt entwickeln und mit dieser einen Sache 365 Tage im Jahr Marketing betreiben. Diese alltägliche Aktivität und Präsenz sind dabei enorm wichtig, denn es gilt mehr zu leisten als der Durchschnitt. Dabei kann man auch ein und dieselbe Sache immerfort wiederholen.

Deine wichtigsten Tipps für ein erfolgreiches Marketing sind also: keine falsche Bescheidenheit, Alleinstellungsmerkmal definieren und fortwährende Wiederholung. Hast du noch eine abschließende Botschaft an unsere Leser?

Behalten Sie eines immer im Hinterkopf: Menschen zahlen nicht für das Ergebnis als solches, sie möchten vielmehr eine Entwicklung erreichen und so ihren Schmerz, ihre Probleme loswerden. Man agiert also als Helfer – und das sollte man auch in seiner Message verbreiten. 

Liebe Viola, vielen Dank für das inspirierende Gespräch!

Die mit einem * markierten Felder sind Pflichtfelder.

Ich habe die Datenschutzbestimmungen zur Kenntnis genommen.