Betriebliche Gesundheitsförderung durch Mediation

Von Monika Heilmann

Dass sich Unstimmigkeiten, Kämpfe oder Intrigen am Arbeitsplatz langfristig auf die Gesundheit auswirken können, ist heutzutage vielen Personalmanagern und Führungskräften bewusst. Die negativen Effekte von eskalierenden Konflikten oder Mobbing auf die Gesundheit sind unbestritten. Auch offenkundige oder ständige, unterschwellige Spannungen und Auseinandersetzungen wirken sich nachteilig auf die Arbeit aus. Sie bringen die Menschen an ihre persönlichen oder mentalen Grenzen. In manchen Unternehmen haben sich die Beteiligten schon daran gewöhnt, dass Arbeit ein täglicher Kampf ist und kein Vergnügen.

Ungelöste Konflikte können bei den Beteiligten psychische oder psychosomatische Beschwerden verursachen und vermehrt zu Krankschreibungen führen. Darunter leiden nicht nur die Betroffenen, sondern das gesamte Betriebsklima, die Produktivität, möglicherweise die Kunden- und Geschäftsbeziehungen und letztendlich auch das Unternehmensimage. Ungelöste Konflikte kosten den Arbeitgeber sowie die betroffenen Menschen Zeit, Geld und Nerven und schaden der Gesundheit.

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Zunahme der psychischen Erkrankungen

Die Zahl der psychischen Erkrankungen ist in den letzten Jahren ohne Zweifel angestiegen. Einer der Gründe für diese Entwicklung ist die Zunahme von konfliktträchtigen Situationen im Arbeitsalltag. Auch die Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen in den letzten Jahren sowie die Tatsache, dass Menschen sich häufiger bei psychischen Beschwerden in Behandlung begeben, dürften hierfür maßgeblich sein. So spielen nicht mehr allein die körperlichen Verschleißerkrankungen eine große Rolle in der betrieblichen Gesundheitsförderung, sondern auch die psychischen Belastungen.

Was heißt psychisch gesund sein?

Die Weltgesundheitsorganisation definiert psychische Gesundheit als einen „Zustand des Wohlbefindens, in dem der Einzelne seine Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Belastungen bewältigen und produktiv und fruchtbar arbeiten kann und imstande ist, etwas zu seiner Gemeinschaft beizutragen“. Dieses ganzheitliche Verständnis von Gesundheit berücksichtigt das körperliche, psychische und soziale Wohlbefinden gleichermaßen, vor allem aber das Entwicklungspotenzial jeder und jedes Einzelnen – auch hinsichtlich des Umgangs mit mehr oder weniger eskalierenden Konfliktsituationen.

Für die meisten Beschäftigten und Führungskräfte ist es wichtig, dass die Arbeitsatmosphäre in ihrem beruflichen Umfeld stimmt und ein Klima wohlwollender Zusammenarbeit herrscht. Betriebliche Gesundheitsförderung hat wiederum zum Ziel, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen bei der Arbeit zu steigern. Dazu gehören unter anderem das Bereitstellen von Gesundheitsangeboten und die Förderung der persönlichen Entwicklung. Menschen mit einer starken Persönlichkeit und einem inneren Gleichgewicht sind konfliktfähig, gehen Konfliktsituationen konstruktiv an und erkennen, wann externe Hilfe in Anspruch genommen werden sollte.

Die Weiterentwicklung der Persönlichkeit für eine stabile psychische Gesundheit wird gefördert durch Seminare und Coachings sowohl für Mitarbeiter als auch für Führungskräfte, beispielsweise zu den Themen „Umgang mit Stress und Spannungen“, „Persönlichkeitsentwicklung“ und „Konfliktmanagement“. Bei bereits entstandenen Konfliktsituationen kann die psychische Gesundheit durch eine Mediation unterstützt werden, indem die Beteiligten die Spannungen und Konflikte unter einer wertschätzenden und vertraulichen Leitung des Mediators klären. Innere Widerstände, Wut und Ärger werden in Konflikten als unangenehm empfunden. Diesen Gefühlen wird in einer Mediation entsprechend Raum gegeben. Sind sie einmal offengelegt und bearbeitet, kann ein Versöhnungs- und Verständnisprozess eingeleitet werden. Dieser fördert die Gesundheit und hilft, psychische und psychosomatische Erkrankungen zu vermeiden.

Ein Mediator ist gefordert, die Medianden dabei zu unterstützen, aus einem Muster der gegenseitigen Schuldzuweisung auszubrechen. Deshalb kann Mediation durchaus als eine persönlichkeitsbildende Maßnahme verstanden werden – keinesfalls als Strafaktion für streitende Mitarbeiter.

Was führt im Arbeitsalltag zu Konflikten?

Die Konfliktursache Nummer eins am Arbeitsplatz ist eine mangelhafte, oberflächliche Kommunikation. In Stresssituationen fällt Kommunikation meist noch schwerer und wird oftmals kräftig angeheizt, bis die Lage eskaliert. Besonders in scheinbar ausweglosen Situationen ist eine wertschätzende Kommunikation notwendig, häufig jedoch aufgrund der dann schon angespannten Gefühlslage der Beteiligten kaum noch möglich. Eine mangelhafte Kommunikation erkennen die Beteiligten selten als Konfliktauslöser und noch seltener sehen sie ein, was sie selbst in einer Konfliktsituation zu einem respektvollen Umgang beitragen können.

Konflikte und Führung

Eine sich ständig verändernde Arbeitswelt mit steigendem Arbeitsdruck, Stress, Umstrukturierungen und Personalfluktuation fördert Konflikte. Häufig werden diese jedoch unter den Teppich gekehrt. Führungskräfte meinen, Konflikte aussitzen zu müssen, und ignorieren, was im Team oder in der Abteilung schiefläuft, um eine vermeintliche Harmonie zu erhalten. Viel zu selten werden Konfliktsituationen fachgerecht angegangen und gelöst, vor allem mit externer Hilfe. Die Scheu ist groß, Profis mit der Konfliktmoderation oder Mediation zu betrauen. Führungskräfte und Personalmanager denken, dies könne ihnen als Unfähigkeit ausgelegt werden.

Keine Führungskraft sollte meinen, sich etwas beweisen zu müssen, und externer Hilfe ausweichen. Nicht jede Führungskraft muss in der Lage sein, die Konflikte im Team oder in der Abteilung selbst zu lösen – im Gegenteil. Häufig ist Entscheidungsträgern nicht einmal bewusst, dass sich ein Konflikt aus ihrem möglicherweise defizitären Führungsverhalten entwickelt hat. In diesen Fällen sollten sich Mitarbeiter selbst um eine Mediation unter Beteiligung der Führungskraft bemühen.

Andererseits haben Führungskräfte oftmals den Anspruch, alles selbst regeln zu wollen. Sie merken nicht, dass sie Teil des Konflikts sind. Sie scheuen die Einbeziehung eines professionellen Mediators, weil sie befürchten, der Konflikt würde damit emotionalisiert. Doch kein Konflikt ist ohne Emotionen – schon von Beginn an.

Selbst bei erfolgreich verlaufener Mediation erfolgt selten eine Weiterempfehlung des Mediators. Es wird als Blamage oder als Fehlschlag in der Führung empfunden, zuzugeben, schon einmal einen Mediator engagiert zu haben. Dementsprechend wichtig ist es für Führungskräfte und Personalmanager zu verinnerlichen, dass Konflikte und Spannungen zu einem aktiven Leben und einem sich ständig verändernden Arbeitsalltag einfach dazugehören.

Hinzu kommt: Eine Führungskraft ist, gleichgültig ob sie direkt oder indirekt an der Problemsituation beteiligt ist, Teil des Konfliktsystems. Führungskräfte sind gefordert, Konflikte wahrzunehmen und sich nach professioneller Hilfe umzuschauen. Bei Unstimmigkeiten und Konflikten sollten Führungskräfte, Personalmanager und auch die Interessenvertretungen der Arbeitnehmer frühzeitig eine Mediation oder Konfliktmoderation mit externer Unterstützung anstreben. Damit genügen sie nicht nur ihrer Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitern, sondern fördern auch die betriebliche Gesundheit.

Wie Mediation zur Gesundheit im Arbeitsalltag beiträgt

Manchmal reichen wenige Stunden, um einen Konflikt zu klären und den Beteiligten wieder zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zu verhelfen. Mediation ermöglicht eine Form der Auseinandersetzung miteinander, bei der Emotionen verbalisiert, gewürdigt und reflektiert werden. Der Fokus einer Mediation liegt auf dem lösungsorientierten Aufarbeiten des Konflikts, dem gegenseitigen Aufeinanderzugehen und der Würdigung der Emotionen. Positives und Gemeinsamkeiten werden herausgestellt.

Durch eine erfolgreiche Mediation mit externer, professioneller Hilfe gelingt nicht nur die Lösung eines innerbetrieblichen Konflikts. Die betroffenen Konfliktteilnehmer gewinnen auch eine größere Selbsterkenntnis sowie mehr Verständnis für die am Konflikt beteiligten Personen. Sie müssen durch eine Mediation keine innigen Freunde werden, jedoch Lösungen für sich finden, wie sie in der Zukunft respektvoll und wertschätzend zum Nutzen ihrer Gesundheit miteinander zusammenarbeiten.

Eine gute innerbetriebliche Mediation zeigt eine neue Kultur des sozialen Austauschs auf, von der das gesamte Unternehmen profitieren kann. Sie bietet Chancen für eine wertschätzende Kommunikation und Umgangsform. Das Ergebnis ist eine entspannte Zusammenarbeit sowie eine offene Kommunikation und achtsame Streitkultur. Ängste, Unangenehmes auszusprechen, werden genommen. Eine schlechte Stimmung am Arbeitsplatz kann wieder in eine freudige, positive Atmosphäre verändert werden. Mitarbeitern und Führungskräften, die unter dem Druck einer schwierigen Zusammenarbeit leiden und psychische oder psychosomatische Störungen entwickeln, kann durch eine Mediation Gehör verschafft und geholfen werden. Auf diese Weise ist es möglich, eine neue Form des Umgangs miteinander zu etablieren.

Zufriedene, motivierte und gesunde Mitarbeiter sowie Führungskräfte sind unverzichtbar für den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen, Behörden, Organisationen und Einrichtungen. Wenn alle auf einen wertschätzenden, fürsorglichen und offenen Umgang miteinander am Arbeitsplatz achten, bleiben Mitarbeiter und Führungskräfte leistungsfähig, motiviert und gesund.

Weshalb Mediation die Gesundheit von Mitarbeitern und Führungskräften fördert

  • Konflikte, Streitereien, Spannungen werden zielgerichtet und lösungsorientiert angegangen. Anhaltender Ärger, Wut, aufkommende Aggressionen und permanenter emotionaler Stress, die zu gesundheitlichen Beschwerden führen können, werden vermieden.
  • Mediation bewirkt einen konstruktiven und wertschätzenden Austausch über die Konfliktthemen. Die Betroffenen erarbeiten ihre Konfliktlösung mithilfe des Mediators.
  • Die am Konflikt beteiligten Personen erfahren durch eine Mediation eine Auseinandersetzung mit sich selbst und fördern dadurch ihre persönliche Entwicklung.
  • Das Aussprechen der unangenehmen Gefühle im Konflikt ermöglicht ein Aufarbeiten und dient der Prävention von gesundheitlichen Schäden. Was ausgesprochen ist, drückt nicht mehr auf den Magen oder die Seele.
  • Durch Mediation erarbeitete Konfliktlösungen sind tragfähig, da die Betroffenen sie selbst erarbeitet haben und unterstützen. Das bewirkt eine entspannte, gesunde Arbeitsatmosphäre und einen respektvollen Umgang miteinander.

Buchempfehlung

Unter Konflikten am Arbeitsplatz leiden die Menschen und das Betriebsklima. Deshalb holen sich immer mehr Betriebe die professionelle Hilfe eines Mediators, um wieder zu einer fruchtbaren und wertschätzenden Zusammenarbeit zu finden. Monika Heilmann möchte Verständnis für den Mediationsprozess schaffen und Hemmschwellen von Mitarbeitern, Führungskräften und Personalmanagern gegenüber einer Mediation abbauen.

Sie schildert, was Mediation im betrieblichen Alltag bewirken kann und macht das Verfahren der Mediation transparent. Anschaulich und praxisnah wird so nachvollziehbar, wie durch Mediation Konflikte nachhaltig beigelegt und Win-win-Lösungen gefunden werden können.
Monika Heilmann ist Autorin, Trainerin und Coach. Sie arbeitete als Führungskraft in einem großen Berufsverband und ist heute Expertin für Konfliktmanagement sowie Gesprächs- und Verhandlungsführung.

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