von Bernhard Böhm, M.M.
Diesmal geht es um die „Wichtig-Frage“. Eine Frage, die den Gesprächspartner zunächst auf sich selbst blicken lässt und – mag es auch paradox klingen – somit die Annäherung an die „Gegenseite“ ermöglicht.
In Konfliktsituationen definieren sich Konfliktparteien häufig über „das Gegenüber“. In der Hitze des Gefechts werden Forderungen aufgestellt, was der andere zu tun oder zu lassen hat. Die eigenen Anliegen, Bedürfnisse Interessen, Ziele und Motive sind verdeckt. Hinzu kommen Unsicherheiten, Ängste und Emotionen.
Das mangelnde Verstehen der eigenen Sichtweise erschwert jedoch eine Annäherung und Einigung der Konfliktbeteiligten. Denn nur wer sich selbst versteht, kann auch andere verstehen.
Bei der Lösung schwieriger Konflikte ist es daher wichtig, dass Konfliktparteien in einem ersten Schritt zunächst über sich selbst im Klaren werden (A versteht A, B versteht B, C versteht C usw.). Sie müssen sich ihrer eigenen Anliegen und Vorstellung bewusst und sicher sein. Nur wenn die Konfliktparteien diese Klarheit und Sicherheit mitbringen, werden sie die Fähigkeit besitzen, die Perspektiven der übrigen Konfliktparteien nachzuvollziehen. Kurz gesagt: Nur wer sich „Seiner sicher ist“, kann seinen Kontrahenten verstehen.
Die „Wichtig-Frage“ kann helfen, diesen Verstehensprozess in Gang zu setzen und festgefahrene Positionen zu hinterfragen. Ein Beispiel:
Der Kollege fordert: „Die Teams müssen zusammen gelegt werden!“
Eine typische Reaktion hierauf wäre wahrscheinlich: „Das wird nie funktionieren.“ „Da ist völlig realitätsfern.“ „Die Teams bleiben getrennt.“ usw.
Auf eine Forderung folgt eine Gegenforderung. Andere Reaktionen können mit der „Wichtig-Frage“ erzielt werden.
„Wieso ist Ihnen die Zusammenlegung der Teams so wichtig?“
Die „Wichtig-Frage“ zwingt den Gesprächspartner, über sich nachzudenken und seinen eigenen Standpunkt zu reflektieren. Er redet über sich, nicht über den anderen. Die „Wichtig-Frage“ gehört daher auch zur Kategorie der reflexiven Fragen.
Reflexives Fragen braucht Zeit, um seine Wirkung zu entfalten. Scheuen Sie sich daher nicht, weiter nachzufragen.
„Wieso ist die Vielfalt im Team so wichtig für sie?“
Meist stehen wir uns selbst im Wege und haben Hemmungen, nochmals „nachzuhaken“. Es scheint doch alles klar zu sein. Gehen Sie besser davon aus: Nichts ist klar – auch nicht für Ihren Gesprächspartner. Und abschließend noch ein Rat: Denken Sie noch nicht an mögliche Konfliktlösungen. Bauen Sie erst ein tragfähiges Fundament für die Einigung, indem Sie und die Beteiligten sich verstehen lernen.
Übrigens:
Dieser Artikel stammt aus der Reihe „Kommunikation im Konlikt: Fragen statt Ratschläge?!“ und wird mit jeder neuen Ausgabe unseres Fachmagazins fortgeführt.