Forschungsbericht des KIT zur außergerichtlichen Streitbeilegung im Bauwesen

Die Verfahren der außergerichtlichen Streitbeilegung haben sich in den vergangenen Jahren zunehmend professionalisiert und kommen in unterschiedlichen Bereichen vermehrt zum Einsatz – beispielsweise bei Familienangelegenheiten oder innerhalb von Unternehmen, die interne Konflikte mediativ gelöst haben wollen.

Das alternative Konfliktbearbeitungsmethoden an Wichtigkeit gewonnen haben, zeigen wissenschaftliche Studien, die sich in letzter Zeit intensiv mit der Thematik der Alternative Dispute Resolution (ADR) beschäftigen.

Alternative Streitbeilegungsmethoden kommen je nach Branche in Deutschland unterschiedlich stark zum Einsatz

Alternative Streitbeilegungsmethoden

Quelle: Fotolia©| Corgarashu

Eine der aktuellsten Erkenntnisse besteht u.a. darin, dass die ADR-Verfahren in Deutschland je nach Branche unterschiedlich stark Anwendung finden. Im Bauwesen beispielsweise – wo das Auftreten von Konflikten sehr häufig der Fall ist – werden Streitigkeiten i.d.R. ausschließlich über Rechtsverfahren bearbeitet. So wurden um Jahr 2014 ca. 70.000 Baukonflikte im Rahmen von Gerichtsverfahren bearbeitet und nur 1.750 Fällen wurden mit ADR-Verfahren gelöst.

Aus diesem Grund hat die Deutsche Gesellschaft für Außergerichtliche Streitbeilegung im Bauwesen (DGA-Bau) in Kooperation mit dem Institut für Technologie und Management im Baubetrieb (TMB) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), einen Forschungsbericht veröffentlicht. Unter der Leitung von Prof. Dr. Shervin Haghsheno und Ana Miguel Schilling, M.Sc., untersuchen die Autoren die Ursachen der Bevorzugung von Gerichtsverfahren gegenüber der außergerichtlichen Streitbeilegung durch Streitparteien im Bauwesen.

Dabei identifizieren die Autoren Anhand einer qualitativen Inhaltsanalyse, die sich auf relevante Literatur und Experteninterviews stützt, die Ursachen der Bevorzugung von Gerichtsverfahren bei Baukonflikten. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse, werden in einem weiteren Schritt Maßnahmen formuliert, die einen Beitrag dazu leisten können, die identifizierten ADR-Anwendungshemmnisse abzubauen.

Zu den interviewten Personen gehören Vertreter unterschiedlicher Gruppen, die an Bauvorhaben beteiligt sind. Dazu zählen: Öffentliche Bauherren, Gewerbliche Bauherren, Bauunternehmen, Planungsunternehmen, Beratende Rechtsanwälte und Versicherungsgesellschaften.

Ergebnisse der Forschungsstudie

Alternative Streitbeilegungsmethoden

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Haghsheno und Schilling konnten anhand der Auswertung der Interviews, sieben Ursachenkategorien identifizieren, welche die Bevorzugung von Gerichtsverfahren im Gegensatz zu ADR-Verfahren erklären:

  • Fehlende Kenntnisse und Erfahrungen hinsichtlich ADR-Verfahren
  • Fehlende Kompetenzen und kulturelle Aspekte im Umgang mit Konflikten
  • Systemische Widerstände aus der Organisation der Konflikt-parteien
  • Systemische Widerstände aus der spezifischen Konfliktsituation
  • Rolle der externen Rechtsberater
  • Verfahrensspezifische Ursachen – ADR-Verfahren
  • Verfahrensspezifische Ursachen – Gerichtsverfahren

 

Eine detaillierte Analyse zu diesen einzelnen Kategorien findet sich im Forschungsbericht. Das Forschungsteam hat zudem auch noch einen Handlungsleitfaden entwickelt, der mögliche Maßnahmen zur Beseitigung der identifizierten Hemmnisse und Widerstände in Bezug auf ADR-Verfahren beinhaltet. Insgesamt leiten die Autoren fünf Handlungsfelder ab:

  • Information und Kommunikation
  • Ausbildung und Weiterbildung
  • ADR-verfahrensspezifische Maßnahmen
  • Maßnahmen in den Organisationen der Streitparteien
  • Regulatorische Maßnahmen zur Förderung von ADR-Verfahren

 

Ziel des Forschungsberichtes besteht darin dazu beizutragen, neue Erkenntnisse auf dem Gebiet des Konfliktmanagements in der Bau- und Immobilienwirtschaft zu gewinnen und zudem über Möglichkeiten der alternativen Streitbeilegungsmethoden aufzuklären.

Der Forschungsbericht steht sowohl auf der Website der DGA-Bau (www.dga-bau.de) zum Download zur Verfügung.

 

 

Literatur:

Haghsheno und Schilling Miguel (2018): Forschungsbericht zur Studie „Ursachen der Bevorzugung von Gerichtsverfahren gegenüber der außergerichtlichen Streitbeilegung durch Streitparteien im Bauwesen“, Institut für Technologie und Management im Baubetrieb (TMB) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

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