Friedensmediation: Deutschlands Potential noch ungenutzt

“In der Friedensmediation ist Deutschland ein Schwergewicht mit schlummernden Potenzialen. Um diese voll auszunutzen, sollte die Bundesregierung ihre Netzwerke effektiver nutzen, Mediationsprozesse langfristig finanzieren, auch unliebsame Verhandlungspartner einbeziehen, Kapazitäten für Mediation ausbauen und ihren Einsatz für den Frieden besser kommunizieren.”

So lautet die Forderung im PeaceLab-Blog, einen Projekt des Global Public Policy Institute (GPPi)

Deutschland gilt weltweit als ehrlicher Vermittler und Makler in Verhandlungen und hat schon früh die Bedeutung des zivilen Krisenmanagements erkannt und seine Kapazitäten entsprechend weiterentwickelt. „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ ist auch der Titel der Leitlinien, die die Bundeskanzlerin im September 2017 verabschiedet hat.

Potenziale sind sind im Lande reichlich vorhanden, und Handlungsbedarf ist weltweit gegeben. In mehreren Ländern werden aktuell Konflikte über Kriege ausgetragen, in einige Regionen drohen kriegerische Auseinandersetzungen auszubrechen.

Deutschland operiert aktuell eher in den beiden Bereichen des Track 2 und Track 3 der sogenannten Multi-Track Diplomatie. Mit Track mit 2 wird die Unterstützung der Arbeit mit gesellschaftlichen Führungspersönlichkeiten (religiöse Würdenträger, Wissenschaftler, regionale Machtakteure) in Form von lösungsorientierten Workshops, Konfliktmanagementtrainings, Friedenskommissionen verstanden und mit Track 3 die Unterstützung der Arbeit lokaler Friedensmissionen zum Beispiel durch psychologische Arbeit, Abbau von Vorurteilen, Konfliktmanagementtraining u.a. auf lokaler Ebene.

© fotolia | virtua73

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Doch ein weitaus größeres Potential liegt vor allem in Verhandlungen mit hochrangigen militärischen und politischen Führungspersönlichkeiten, wie religiösen Würdenträgern, Wissenschaftlern, regionalen Machtakteuren: Track 1. Hier hat die Bundesregierung bereits Vermittlungserfahrungen gesammelt z. B. Im Konflikt in der Ukraine oder dem Atom-Abkommen mit dem Iran, das aktuell wieder neu, weil ohne die Vereinigten Staaten, ausgehandelt werden muss.

Fünf Aspekte beschreibt der PeaceLab-Blog, die die Bundesregierung angehen sollte, damit Deutschland seine Rolle in der internationalen Friedensmediation im Bereich Track 1 weiter ausbaut.

1. Ausbau bestehender Vernetzung

Es geht darum, Beziehungen und Partnernetzwerke noch weiter auszubauen, um Zugang in die Friedensarbeit zu erhalten. Beispiele bieten die erfolgreichen Aktivitäten mit gesellschaftlichen Führungspersönlichkeiten und der Zivilgesellschaft in Afghanistan. Dabei ist Deutschlands wirtschaftliche und politische Stärke, sein multilaterales Engagement und die jahrzehntelange Arbeit in der Diplomatie, die Arbeit von politischen Stiftungen und die deutsche Entwicklungs­zusammenarbeit von großem Nutzen.

2. Langfristige Finanzierung von Prozessen

Für die Finanzierung von Mediationsprozessen sollte die Bundesregierung Mittel zur Verfügung stellen, die nicht nach Haushaltsjahren berechnet werden, sondern nach konkreten politischen Gelegenheiten und Gegebenheiten. Friedensprozesse kann man nicht im Voraus planen.

3. Diversität – Alle betroffenen Verhandlungspartner einbeziehen

Um erfolgreiche Friedensarbeit zu leisten, müssen alle Verhandlungspartner einbezogen werden. – auch gewalttätige nichtstaatliche Gruppen. Aber auch eher unsichtbare Akteure, zum Beispiel Frauen aus den Konfliktländern. Und das gilt ebenso für Mediationsteams und deren Zusammensetzung aus Männern und Frauen, Diplomat/innen, Abgeordneten, Mediationsexpert/innen, Wirtschaftsvertreter/innen und anderen.

4. Rotationssystem für Diplomat/innen aussetzen

Vielleicht wären auch neue Strukturen von Nutzen. Überlegungen das Rotationssystem für Diplomaten mit Mediationstätigkeit auszusetzen, könnte hier auch ein Schritt nach vorn sein.

Und eine einsatztüchtige „Werkzeugkiste“ mit Handlungsansätzen und Strategien wird gefordert, um die Kohärenz mit anderen internationalen Mediationsakteuren und deutschen bi- und multilateralen Ansätzen zu stärken. Instrumenten darin wären: Konfliktanalysen, inklusive Vermittlungstechniken, Akteursmappings oder die Verzahnung von Multi-Track-Ansätzen.

Zuvor müssen aber zuerst die strategischen Interessen, thematisch und regional, die Finanzierung sichergestellt und geeignetes Personal geschult und vorbereitet werden um dann in den Austausch mit anderen international agierenden Partnern in Mediationsprozessen zu treten, sich abzusprechen und Verantwortung zu übernehmen.

5. Unterstützung aus der Bevölkerung für Friedensarbeit

Auch wenn Krisenprävention und Mediationsprozesse eher im Hintergrund ablaufen um die Vertraulichkeit zu wahren, sollte die Bundesregierung das friedenspolitische und krisenpräventive Engagement als solches nach außen kommunizieren. Denn der Einsatz für den Frieden findet in der Bevölkerung eine breite Unterstützung.

Deutschland kann als politische und wirtschaftliche Mittelmacht mit Vermittlungsakteuren wie Schweiz, Norwegen, Schwedens und Finnland sowie internationaler Organisationen kooperieren und seine Erfahrungen mit einbringen.

Deutschland ist also mit seiner Verpflichtung zur Stärkung des zivilen Krisenmanagements und der Umsetzung eines vernetzten Ansatzes durchaus auf dem richtigen Weg. Nun sei es wichtig, auch eine Stimme zu finden, um in Konflikten weltweit aktiv und lösungsorientiert mitzureden. Jetzt gilt es, das Potential zu heben. Mehr >>

Quelle: https://peacelab.blog/2018/05/friedensmediation-deutschlands-ass-im-aermel

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