Angesichts der steigenden Waffengewalt in den Vereinigten Staaten stellt sich immer wieder die Frage, ob gewalttätige Medien gewalttätiges oder aggressives Verhalten fördern.
Bereits in den 1960er Jahren zeigten amerikanische Forscher Kindern im Vorschulalter ein Video eines Erwachsenen, der mit einer aufblasbaren Puppe spielte. In einem Video sahen die Kinder, wie der Erwachsene auf der Puppe saß, ihr auf die Nase haute, mit einem Hammer auf den Kopf schlug und sie wiederholt trat. Anschließend konnten die Kinder in einem Spielzimmer mit der gleichen Puppe und vielen anderen Spielsachen spielen. Wie vermutet, ahmten die Kinder nach, was sie sahen: Sie schlugen der Puppe auf die Nase, hauten ihr mit den Hammer auf den Kopf und traten sie. Doch dabei blieb es nicht: Die Kinder fanden neue und kreative Wege, die Puppe zu verprügeln. Auch mit den anderen Spielsachen gingen sie aggressiver um. (Bandura, Ross & Ross, 1963).
Neue Studien in den USA belegen erneut einen deutlichen Zusammenhang
Jüngste Forschungen kommen auf ähnliche Ergebnisse. Sie zeigen jedoch noch zusätzliche Probleme auf, wenn dabei Waffen verwendet wurden. So zeigten Forscher der Ohio State University 8- bis 12-jährigen Kindern eine 20-minütige Version eines beliebten PG-bewerteten* Films (entweder Rocketeer oder National Treasure). Ein Teil der Kinder sah die Originalversion, in der Charakteren mit Waffen hantierten. Die anderen Kinder sahen eine Version, in der die Waffen herausgeschnitten waren. Anschließend konnten die Kinder in einem großen Raum mit Legos, Spielen und Spielzeugwaffen spielen. Die Kinder, die den Original-Film sahen, spielten aggressiver als die Kinder, die den geschnittenen Film ohne Waffen sahen.
In diesem Setting war noch eine zusätzliche Herausforderung eingebaut: In dem Spielzimmer befand sich ein geschlossener Schrank, in dem eine echte Handfeuerwaffe lag. Die Waffe war ungeladen und so umgebaut, dass sie keine Kugeln abfeuern konnte. Ein zusätzlicher Mechanismus hielt fest, wie viel Mal der Auslöser so stark gezogen wurde, dass die Waffe ausgelöst worden wäre. Den Kindern wurde nicht mitgeteilt, dass sich eine Waffe im Raum befand.
Etwa 83 Prozent der Kinder fanden die Waffe. Die meisten spielten damit. 27 Prozent der Kinder übergaben sie jedoch sofort dem Forschungsleiter. Sehr auffällig war, dass fast kein Kind, das den manipulierten Film ohne Waffen gesehen hat, den Abzug betätigt hat. Die Kinder, die den Original-Film mit Schusswaffen sahen, drückten den Abzug und spielten 4 bis 5 Mal länger mit dem Revolver.
Erschreckend war, dass einige dieser Kinder mehr als 20 Mal den Abzug betätigt haben. Ein Kind richtete die Pistole aus dem Fenster auf Menschen, die die Straße entlang gingen. Ein anderes Kind hielt die Waffe an die Schläfe eines anderen Kindes und drückte den Abzug. (Dillon & Bushman, 2017). Damit legen die neuen Forschungen den Schluss nahe, dass gewalttätige Medien sehr wohl aggressives Verhalten bei Kindern auslösen können und dass dieses Verhalten vor allem dann lebensgefährlich werden kann, wenn Waffen im Spiel sind.
Originalartikel in Englisch: https://www.psychologytoday.com/blog/the-baby-scientist/201801/violent-media-and-aggressive-behavior-in-children
* Freiwilliges Filmbewertungssystem der Motion Picture Association of America (MPAA). PG-bewertet bedeutet, elterliche Anleitung vorgeschlagen – einige Materialien sind möglicherweise nicht für Kinder geeignet.