Wissenschaftler des Friedensforschungsinstituts swisspeace (Schweiz) veröffentlichen ein neues Arbeitspapier unter dem Titel „Are Mediators Norm Entrepreneurs? Exploring the Role of Mediators in Norm Diffusion“.
Die Grundthese lautet, dass bei friedensvermittelnden Mediationen oft unterschwellig auf bestimmte Normengerüste zurückgegriffen wird. Als Beispiele nennen die Autorinnen Hellmüller, Palmiano und Pring dabei Werte wie Demokratieverständnis oder Geschlechtergleichheit. Diese Normen tauchten oft auch in Leitschreiben für Mediation internationaler Organisationen auf, wie in dem Leitfaden für Mediation der UN. Die Fragen, die nun in der Studie aufgeworfen werden, sind folgende:
- Können Mediatoren überhaupt bestimmte Normen während einer Mediation vertreten und wenn ja, wie tun sie dies?
- Welche Normen treten bei Mediationsprozessen konkret auf?
In dem Arbeitspapier werden aktuelle Mediations- und Friedensforschung mit Forschungsliteratur zu Normendiffusion verbunden. Normengerüste, die für Mediationen eine Rolle spielen, können unterschieden werden in inhaltliche Normen (Was wird verhandelt?) und prozessorientierte Normen (Wie wird verhandelt?). In Anlehnung an die Definition von Bercovitch[1] haben Mediatoren eine größere Handlungsmacht (agency), wenn es um prozessorientierte Normen geht. Demgegenüber üben die Konfliktpartner oder Medianden einen größeren Einfluss auf die Entscheidungen über inhaltliche Normen aus. Die Autorinnen heben dabei drei Möglichkeiten des Mediators hervor[2].
Zum einen nennen sie die sogenannte „Freiheit der Subjektivität“. Das bedeutet jeder Mediator hat immer die Möglichkeit den Konflikt aus persönlicher Sicht heraus zu bewerten. Als zweiter Punkt wird die „intentionale transformative Praxis“ genannt. Damit ist gemeint, dass der Mediator ganz bewusst am Anfang des Mediationsprozesses versuchen kann für bestimmte Normen zu werben. Die dritte Möglichkeit des Mediators zu einer Normendiffusion beizutragen, ist seine sogenannte „Positionierung“. Damit ist die Position des Mediators gemeint: wie ist er in Institutionen eingebunden, wie ist seine Legitimität gegenüber den Konfliktpartnern begründet.
Fallstudien bei internationalen Friedensvermittlungen
Diese theoretischen Überlegungen sollen in einem zweiten Schritt an konkreten Fallstudien überprüft werden. Untersuchungsgegenstände sind die UN Mediation in Syrien, die IGAD Mediation im Süd-Sudan, sowie eine NGO Mediation in Myanmar.
Dadurch leisten Hellmüller, Palmiano und Pring einen bisher noch nicht vorhandenen Beitrag zu Fragen der Normendiffusion durch Mediatoren.
Den Link zum Arbeitspapier finden Sie auch unter unserer Rubrik “Fachartikel und Studien“.