Um Verhandlungen auf der internationalen Bühne bestmöglich zu führen, reicht das Wissen um die reine Existenz von kulturellen Unterschieden nicht aus, sondern man sollte damit vertraut sein, wie sich diese kulturellen Unterschiede niederschlagen. In ihrem Buch Strategien für die deutsch-chinesische Geschäftsbeziehung: Erfolgreich verhandeln und Konflikte lösen stellen die Autoren Micholka-Metsch und Metsch einige kulturelle Unterschiede zwischen Deutschen und Chinesen dar und zeigen deren Widersprüche bezogen auf den Verhandlungskontext auf. Hier drei Beispiele:
Zeit ist rar (Deutsch) vs. Zeit als Ressource für Perfektion (Chinesisch): Taktischer Zeitdruck in Verhandlungsgesprächen wird auf chinesischer Seite vermutlich zu schlechteren Resultaten als in der westlichen Welt führen. Zeit ist in der chinesischen Kultur ein Gut, das es einzusetzen gilt, um perfekte Resultate zu erzielen. Es ist daher kein geeignetes Druckmittel.
Klare Kommunikation (Deutsch) vs. kreisende Gesprächsverläufe (Chinesisch): Wichtige Verhandlungspunkte werden von Chinesen öfter thematisiert und bei unterschiedlichen Ansprechpartnern hinterfragt. Was von deutscher Seite bereits entschieden scheint, muss auf der chinesischen Seite noch lange nicht fix sein.
Effektivität (Deutsch) vs. Kennenlernphase (Chinesisch): Einer Verhandlung vorgeschaltet sind in der chinesischen Kultur häufig gemeinsame Aktivitäten, die dazu dienen sollen, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Den Deutschen kommt dies meist als erzwungen und ineffektiv vor.
Zusammenfassend gilt für die Verhandlungspraxis im internationalen Kontext daher, dass man sich zwar auf den Verhandlungsinhalt fokussieren, allerdings die Kommunikationsweise und den Verhandlungsverlauf kulturell anpassen sollte.
Zum Autor: Wie in den vorausgegangenen Ausgaben der Mediation erhält die nächste Generation von Verhandlungsführern und Mediatoren die Möglichkeit, kreative Ideen, Entdeckungen und Hinweise in Kürze vorzustellen. In dieser Runde der Nachwuchsseite kreierten Teilnehmer des Master-Kurses „Verhandlung und Konfliktmanagement“ der Universität Münster durch leichte Adaptionen bekannter Sprichwörter oder Volksweisheiten mediative Merksätze, die sich auf aktuelle wissenschaftliche Befunde der Verhandlungsforschung stützen, um den Einsatz empirischen Wissens in der Praxis zu erleichtern. Hier ein Beitrag der Studentin Stella Fingas.
Micholka-Metsch, Jutta/Metsch, Marc Christopher (2015): Strategien für die deutsch-chinesische Geschäftsbeziehung: Erfolgreich Verhandeln und Konflikte lösen. Wiesbaden: Springer Gabler.