Der Erfolg von Unternehmen hängt an ihrem guten Ruf. In einer Krise muss der Reputationsschaden durch eine effektive Krisenkommunikation so weit wie möglich eingedämmt werden. Zehn Faktoren entscheiden darüber, ob dies gelingt.
Der erfolgreiche Kommunikator ist gut vorbereitet. Er hat den wesentlichen Teil seiner Arbeit bereits erledigt, lange bevor die Krise am Horizont sichtbar wird.
Eigentlich sollte das keine überraschende Erkenntnis sein – trotzdem beschäftigen sich zu viele Unternehmen erst mit einer Krise, wenn sie sich entwickelt oder sich sogar bereits voll entfaltet hat. Das erinnert an das Autofahren im Nebel: Hindernisse tauchen spät vor dem Scheinwerfer auf und lösen hektische Lenkbewegungen aus, die schnell in einen Graben führen.
Von außen betrachtet scheinen Krisen zwar meist plötzlich und überraschend auszubrechen. Tatsächlich lassen sich viele Krisenpotenziale aber schon weit im Vorfeld identifizieren und neutralisieren. Und auch bei Krisen, die ohne Vorwarnung ausbrechen, müssen grundsätzliche Abläufe und Strukturen zur Gegenwehr vorbereitet sein. Doch was sind die entscheidenden Schritte dabei?
Zahlreiche Studien untersuchen aus unterschiedlichsten Perspektiven, welches die erfolgskritischen Ansätze im Reputations- und Krisenmanagement sind. Dies sind die entscheidenden Erfolgsfaktoren in der Krisenkommunikation:
#1 Kein situatives Krisenmanagement
Erfolgreiche (Kommunikations-)Manager bewähren sich nicht nur in der konkreten Krisensituation. Sie beschäftigen sich vielmehr frühzeitig mit dem gesellschaftlichen Umfeld sowie den daraus resultierenden Erwartungen an das Unternehmen und richten es an den Erwartungshaltungen des Publikums aus. Im Idealfall werden so Krisen von vornherein vermieden.
Denn Erwartungen an Wirtschaftsakteure verschieben sich insbesondere durch gesellschaftliche Veränderungen, die wiederum Auswirkungen auf Werte, Normen und Moralvorstellungen haben. Wenn sich Erwartungen an Unternehmen verändern, das Unternehmen aber unverändert bleibt, entsteht – oft unbemerkt – eine gefährliche Lücke, in der substanzielle Enttäuschungen reifen können. Solche Enttäuschungen können das Unternehmen dann in eine bedrohliche Krise stürzen.
Der Effekt ist leicht nachzuvollziehen, wenn man bedenkt, wie sich die Erwartungen an die Unternehmen zum Beispiel im Hinblick auf Gleichberechtigung oder ökologische und soziale Standards verändert haben. Was in den 1950er-Jahren eine erfolgreiche Unternehmensstrategie war, würde heute in den Untergang führen.
#2 Reputationskredit durch kontinuierliche Vertrauenskommunikation
Reputation ist wie ein Bankkonto: Es füllt sich in guten Zeiten, und es verliert Kapital in der Krise. Ein Reputationsguthaben ist damit ein Puffer für Verluste in einer Krise. Wer ohne einen guten Ruf oder sogar mit einem Reputations-Minus in eine Krisensituation hineingerät, verschärft die Krise doppelt: Sie wirkt sich unmittelbar auf die Akzeptanz des Unternehmens im Markt aus, also zum Beispiel auf Kunden, Geldgeber oder Lieferanten. Darüber hinaus ist die Neigung von Journalisten hoch, einem Unternehmen Negatives zuzutrauen, wenn diese Firma bereits in der Vergangenheit negativ aufgefallen ist.
So schützt ein guter Ruf Unternehmen vor den Folgen einer Krise. Deshalb sollten Sie rechtzeitig Ihre Reputation aufbauen und so das Vertrauen der Zielgruppen in das Unternehmen stärken. In der Mediengesellschaft entsteht das in diesem Zusammenhang besonders relevante „eigenschaftsbasierte Vertrauen“ durch kontinuierliches Betonen (und Leben) vertrauensrelevanter Eigenschaften: Kompetenz, Integrität und Benevolenz (die Gutwilligkeit in einer Beziehung, nicht opportunistisch oder nur zum eigenen Vorteil unbillig auf Kosten seines Gegenübers zu handeln).
#3 Vor der Krise um Verbündete kümmern
Dritte Parteien haben mitunter einen erheblichen Einfluss auf die Kräfteverteilung in einer Auseinandersetzung. Kluge Angreifer haben zudem bereits strategisch mitgedacht, mit welchen Verbündeten sie sich verstärken können, sodass das Unternehmen einem massiven Angriff an mehreren Fronten ausgesetzt ist. Doch sobald die negative Berichterstattung durch die Medien schwappt, fällt es schwer, eigene Verbündete zu finden. Mit dem Schmuddelkind will niemand gesehen werden.
Deshalb sollte man bereits in ruhigen Zeiten als Krisenprävention gezielt möglichst namhafte Verbündete aufbauen, die bereit sind, im Fall der Fälle an die Öffentlichkeit zu gehen und dabei zu helfen, Angriffe abzuwehren, die Gegenposition zu schwächen, eine Aufklärung unter eigener Choreografie anzustoßen oder – wo angebracht – einen Gegenangriff zu starten. Je nach Unternehmen und Problemlage können dies zum Beispiel angesehene externe Experten, Unternehmens- und Branchenverbände, Politiker, Aufsichtsbehörden, Verbraucherschutzverbände und sogar Polizei und Staatsanwaltschaften sein. Wer sich stark und erfolgreich im Web 2.0 engagiert, kann in einer Krise sogar Unterstützung aus der eigenen Netz-Community erhalten.
#4 Asymmetrische Kommunikation vermeiden
Unternehmen begeben sich in der Kommunikation in eine Asymmetrie, wenn sie auf emotionale Vorwürfe kühl-sachlich antworten, das Verletzen grundlegender menschlicher Bedürfnisse mit dem Erfüllen individueller Wünsche und Selbstverwirklichung begründen oder auf konkrete Anschuldigungen unkonkret reagieren. Damit die eigene Erwiderung beim Publikum verfangen kann, sollte man auf der jeweils gleichen Ebene reagieren.
Ist ein Angriff zum Beispiel durch die Darstellung eines durch das Unternehmen (anscheinend) verursachten schweren Einzelschicksals emotional aufgeladen, oft verstärkt durch Bild- und Videomaterial, sollte die Reaktion nicht nur aus einer Pressemeldung mit ein paar Fakten bestehen, wie selten so etwas vorkäme oder wieso man daran gar nicht schuld sei. Höhere Erfolgsaussichten haben hier personifizierte Reaktionen, bei denen Repräsentanten des Unternehmens (und/oder Verbündete) persönlich, einfühlsam, glaubwürdig und sympathisch Stellung nehmen – vorzugsweise in Ton und Bild – und dabei Verständnis für die Lage der Betroffenen zeigen.
#5 Gesellschaftliche Verantwortung übernehmen
Staatliche Institutionen werden in der Zukunft immer stärker überfordert sein, den Wohlstand für alle zu sichern. Die Spreizung zwischen Arm und Reich weitet sich aus. Existenzängste wachsen. Neue Technologien werden als Bedrohung empfunden. In dieser Situation reift die Erwartung an die Unternehmen heran, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen: Sicherheit im gesellschaftlichen und technologischen Wandel zu geben, durch Engagement soziale Härten abzufedern, Produkte und Services zu entwickeln, die helfen, sich in dieser neuen Welt zurechtzufinden. Profit ist akzeptiert, wenn er gesellschaftliches Engagement ermöglicht.
Die weiteren 5 Erfolgsfaktoren der Krisenkommunikation lesen Sie im nächsten Blogbeitrag.
Über den Autor Jörg Forthmann
Wirtschaftsingenieur und Geschäftsführender Gesellschafter der Kommunikationsberatung Faktenkontor, Experte für Krisenkommunikation (Blog www.mediengau.de).