Menschen mit ähnlichen Charaktereigenschaften und Interessen kommen besonders gut miteinander aus und führen positivere Beziehungen – ein Paradigma, das auch für Verhandlungen gilt? Im Rahmen des Ähnlichkeits-Attraktions-Paradigmas nahm Byrne schon 1971 an, dass Individuen sich bevorzugt den Menschen anschließen, die ihnen ähnlich sind. Er konnte zudem nachweisen, dass sich besonders dann lohnenswerte Interaktionen entwickelten, wenn sich die Interaktionspartner in ihren Eigenschaften und Einstellungen ähnelten. Als Resultat zeigten sich verstärkt positive affektive Reaktionen (Byrne 1997).
In einer aktuellen Studie konnte gezeigt werden, dass die Ähnlichkeit der Interaktionspartner auch in Verhandlungs- und Konfliktsituationen einen signifikanten Einfluss hat. Wenn beiden Verhandlungsparteien eine ähnlich hohe oder niedrige Ausprägung von Extraversion und Verträglichkeit besaßen, dann maximierte sich der positive Affekt. Dieser wiederum mediierte den Zusammenhang zwischen der Ähnlichkeit der Verhandlungsparteien und dem jeweiligen Outcome. Eine hohe Ähnlichkeit führte zu einer kürzeren Verhandlungsdauer, einer positiveren Wahrnehmung des Verhandlungspartners, geringeren Konflikten zwischen den Beteiligten und einem ähnlichen ökonomischen Outcome für beide Parteien (Wilson et al. 2016).
Für Verhandlungen scheint es also sinnvoll zu sein, jeweils solche Personen als Verhandlungsführer auszuwählen, die sich in ihren Eigenschaften und Interessen ähneln. Im Organisationskontext ist dies häufig aufgrund der gegenseitigen Bekanntheit schon im Vorhinein möglich, während bei Verhandlungen mit externen Parteien in der Regel noch kein ausreichendes Wissen über die jeweils andere Partei vorhanden ist. In diesem Fall könnte es eine sinnvolle Strategie sein, den Verhandlungspartner genau zu beobachten und anschließend denjenigen als Ansprechpartner zu wählen, der den eigenen Interessen und Eigenschaften am nächsten zu sein scheint. Denn gleich und gleich verhandelt gern. Und das besonders effektiv.
Zum Autor: Wie in den vorausgegangenen Ausgaben der Mediation erhält die nächste Generation von Verhandlungsführern und Mediatoren die Möglichkeit, kreative Ideen, Entdeckungen und Hinweise in Kürze vorzustellen. In dieser Runde der Nachwuchsseite kreierten Teilnehmer des Master-Kurses „Verhandlung und Konfliktmanagement“ der Universität Münster durch leichte Adaptionen bekannter Sprichwörter oder Volksweisheiten mediative Merksätze, die sich auf aktuelle wissenschaftliche Befunde der Verhandlungsforschung stützen, um den Einsatz empirischen Wissens in der Praxis zu erleichtern. Hier ein Beitrag der Studentin Lea Rieping.
Wilson, Kelly Schwind et al. (2016): Personality Similarity in Negotiations: Testing the Dyadic Effects of Similarity in Interpersonal Traits and the Use of Emotional Displays on Negotiation Outcomes. Journal of Applied Psychology 101 (10), S. 1405.