Zunehmend befassen sich Forscher mit der Verbindung zwischen Körper und psychischen Variablen. Dabei wird deutlich, dass nicht nur die Psyche den Körper beeinflusst, sondern auch der Körper auf die Psyche wirkt. Einstellungen, Emotionen und Handlungen können sowohl durch die eigene Körperhaltung als auch über eine metaphorische Darstellung ausgedrückt und beeinflusst werden. Darüber hinaus zeigt die psychologische Forschung zur Grounded-Cognition-Theorie, dass die Wirkung von bestimmten motorischen Handlungen und Körperpositionen – sogar unbewusst – einen verstärkenden Einfluss auf das eigene geplante Verhalten hat. In diesem Rahmen stellen wir Ihnen zwei Ansätze vor, die innerhalb der Mediation genutzt werden können:
1. In manchen Konfliktsituationen befürchtet man schon, bevor man den Raum betritt, dass der Ton rau und die Gespräche wenig konstruktiv verlaufen werden. Um aus gewohnten Mustern auszubrechen, kann es hilfreich sein, sich selbst Gedanken zum gewünschten eigenen Verhalten zu machen. Beispielsweise könnte man sich vornehmen, seinem Gegenüber wertschätzend und lobend zu begegnen oder selbst besonders ruhig und bedacht auf mögliche Provokationen zu reagieren. Um den Vorsatz in der tatsächlichen Situation auch wirklich umzusetzen, kann es helfen, sich selbst eine kleine verkörperlichte Erinnerungsbrücke zu bauen.
Hierbei sollten der Inhalt der Erinnerung und die verkörperlichte Handlung kongruent sein. Für eine lobende Grundhaltung ist beispielsweise ein geheimes „Daumen hoch“ unter dem Schreibtisch geeignet, während das sanfte Ablegen der Hände auf dem Tisch den Vorsatz der eigenen Gelassenheit fördert. Ebenso könnte ein „erhobener Zeigefinger“ an vereinbarte Regeln erinnern. Und an einem Montagmorgen kann schon vor dem Betreten des Raumes ein bewusst aufrechter Gang über den Flur die eigene Müdigkeit vertreiben, das Selbstbewusstsein stärken und dadurch eine Lösung des Konflikts unterstützen.
2. Auch beim Abwägen zweier Möglichkeiten kann uns die enge Verbindung zwischen psychischen und physischen Variablen behilflich sein. Der niederländische Psychologe Nils Jostmann postuliert eine enge Verknüpfung von physischem Gewicht und abstrakter Bedeutung. Um diese Verbindung am Verhandlungstisch nutzbar zu machen, könnte beispielsweise eine Balkenwaage mit unterschiedlichen Gewichten die Argumente zweier Parteien verkörpern und gezielt beeinflussen. Hierbei wird jedes Argument durch physische Gewichte dargestellt und in die eigene Waagschale gelegt. Das Motto: Schwere Gewichte für starke Argumente! Ergebnisse unterstützen die Idee der Balkenwaage, da Personen einem physisch schweren Gewicht auch ein hohes Argumentationsgewicht beimessen. Und was in einer Verhandlung als wichtig erscheint, wird auch gründlicher bearbeitet!
Zu den Autoren: Sie kennen dieses Prozedere vielleicht noch aus Ihrer eigenen Studienzeit: Der Dozent gibt ein Thema vor, man grübelt lange über eine Idee, schreibt einen Aufsatz und ein paar Wochen später erhält man nichts weiter als eine Note. Kein Feedback, kein Kommentar und die Welt erfährt ohnehin nichts von Ihren Gedanken. Um diesem Trend entgegenzuwirken, stellen in dieser Ausgabe Teilnehmer des Master-Kurses „Verhandlung und Konfliktmanagement“ der Universität Münster ihre Ideen vor. Hier ein Beitrag der Studenten Niklas Stein und Annika Junge.
Literatur
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Harnack, Klaus (2015): Grounded Cognition and Implementation Intentions. Stuttgart: Steinbeis-Edition.
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Jostmann, Nils B. et al. (2009): Weight as an Embodiment of Importance. Psychological Science 20 (9), S. 1169–1174. DOI:10.1111/j.1467-9280.2009.02426.x.
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