Die politische Kolumne: Debatten brauchen Schutz, auch im Internet
Fake News, Hasskommentare und Shitstorms in den sozialen Netzwerken haben in den letzten Jahren mehr und mehr unsere Debattenkultur vergiftet. Persönlichkeitsrechte werden dabei immer wieder verletzt, die Grenze zwischen freier Meinungsäußerung und strafbaren Handlungen wird in vielen Fällen überschritten. Die Betroffenen stehen solchen Angriffen meist schutzlos gegenüber. Doch das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein, meint Bundesjustizminister Heiko Maas.
Mediation setzt auf das offene Gespräch, die Bewältigung von Konflikten von Angesicht zu Angesicht. Aber was ist, wenn man seine Kritiker gar nicht kennt, wenn man zum Opfer anonymer Attacken wird? Im Internet ist das leider viel zu oft der Fall – bei „Shitstorms“, Fake News oder Hasskommentaren. Wie verhindert man, dass im Netz strafbare Lügen über einen selbst verbreitet werden? Was ist zu tun, wenn in sozialen Netzwerken zur Begehung von Straftaten aufgerufen wird?
Internetkonzerne in der Pflicht
Facebook und Co. haben sich lange auf den Standpunkt zurückgezogen, nur eine Plattform zur Verfügung zu stellen und mit den Inhalten nichts zu tun zu haben. Aber viele Postings sind strafbar: Fake News erfüllen oft die Tatbestände der Verleumdung oder der Vortäuschung von Straftaten. Hate Speech – das ist oft Beleidigung, Volksverhetzung oder rechtswidrige Bedrohung. All dies ist nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt, beides zerstört die Debattenkultur und in viel zu vielen Fällen sind strafbare Worte auch die Vorstufe zu gewaltsamen Taten.
Schon heute sind soziale Netzwerke verpflichtet, Inhalte von ihren Plattformen zu entfernen, wenn sie von deren Strafbarkeit Kenntnis erhalten. Leider geschieht dies bislang zu langsam und vor allem zu selten. Ein Monitoring der bisherigen Löschpraxis hat zuletzt gezeigt, dass von den strafbaren Inhalten, die User meldeten, Twitter gerade einmal 1 Prozent löschte und Facebook nur 39 Prozent entfernte.
Internetkonzerne müssen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung endlich besser gerecht werden. Wer mit seinem Unternehmen Milliardengewinne einfährt, der darf nicht tatenlos bleiben, wenn seine Dienste für Straftaten missbraucht werden. Netzwerke sollen offensichtlich rechtswidrige Inhalte binnen 24 Stunden aus dem Netz entfernen, andere rechtswidrige Inhalte wenigstens nach einer Woche. Andernfalls muss es empfindliche Geldbußen geben.
Plattformbetreiber brauchen auch ein transparentes Beschwerdemanagement, damit Betroffene wissen, an wen sie sich schnell und unbürokratisch wenden können. Außerdem soll jedes Unternehmen, das auf dem deutschen Markt tätig ist, auch eine Ansprechperson haben, damit es für Polizei und Justiz greifbar ist, selbst wenn sein Firmensitz in Übersee ist.
Meinungsstreit ja, aber im Rahmen der Gesetze
Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein. Ich will Debatten ohne die Verletzung von Persönlichkeitsrechten und ohne strafbare Lügen oder kriminellen Hass. Die Demokratie lebt vom Meinungsstreit. Dazu gehören auch kontroverse, ja hässliche Äußerungen. Eine Demokratie kann und muss das aushalten. Aber es gibt eine klare Grenze, wo die Meinungsfreiheit endet – nämlich dort, wo das Strafrecht beginnt. Deshalb haben die Anstrengungen gegen strafbare Kommentare auch nichts mit Zensur zu tun. Es geht um die Einhaltung der Gesetze.
Ein kluger Kopf hat einmal gesagt, wir sind an die Gesetze gebunden, um in Freiheit zu leben. Diese Freiheit wollen wir auch im digitalen Zeitalter bewahren, deshalb dürfen wir gegenüber Straftaten, die online begangen werden, nicht tatenlos bleiben.
Dieser Artikel ist der Ausgabe Q3/2017 zum Schwerpunkt “Emotionen, bleiben Sie sachlich!” entnommen, die am 29.06.2017 erscheint.