Mediatoren stehen immer wieder vor der Frage, wie sie sich und ihre Leistung erfolgreich vermarkten können. Die außergerichtliche Konfliktlösung genießt noch nicht in vollem Umfang die ihr gebührende Anerkennung, zugleich ist der Markt unübersichtlich und das Feld der Mitbewerber groß. Was also tun? Der Berater für Marketing für Berater Bernhard Kuntz gibt klare Antworten.
Die Mediation im Gespräch mit Bernhard Kuntz
Herr Kuntz, worin liegt die Schwierigkeit beim Vermarkten einer immateriellen Dienstleistung wie Mediation?
Unter anderem darin, dass die Kunden die Leistung vor dem Kauf nicht anfassen können, um ihre Qualität zu prüfen – anders als zum Beispiel eine Tasche. Außerdem kann man die Leistung nicht mit objektiven Daten beschreiben, wie es beispielsweise bei einem Auto möglich ist. Zudem erhalten die Kunden beim Kauf einer Leistung wie Mediation keinerlei Garantien. Auch ein Umtausch oder eine Rückgabe der „Ware“ ist ausgeschlossen. Und dies, obwohl die Leistung Mediation aus Kundensicht stets teuer ist und ihre Qualität schwankt.
Inwiefern könnte die Qualität schwanken?
Nun, wenn ein Coach oder Mediator bei einer Mediation oder Konfliktmoderation aus Sicht der Kunden eine Spitzenleistung erbringt, dann ist noch lange nicht garantiert, dass dies auch beim nächsten Mal der Fall sein wird.
Warum ist das so?
Viele Faktoren beeinflussen die Qualität persönlicher Dienstleistungen. Daher haben Kunden häufig das Gefühl, die Katze im Sack zu kaufen.
Weil auch Mediatoren mal einen schlechten Tag haben. Zum Beispiel, weil sie in der Nacht zuvor kaum schliefen. Hinzu kommt: Zu manchen Menschen finden sie schwer einen persönlichen Draht. Dieser ist jedoch nötig, damit ihre Klienten sich öffnen und aktiv am Entwickeln einer Problemlösung mitarbeiten. Auch solche Faktoren beeinflussen die Qualität der Leistung. Deshalb haben viele Kunden bei solchen persönlichen Dienstleistungen wie Mediation das Gefühl, die Katze im Sack zu kaufen.
Was heißt das konkret?
Sie empfinden ein sehr hohes Kaufrisiko. Entsprechend zögerlich sind sie mit ihrer Kaufentscheidung – speziell dann, wenn sie mit dem Kauf der Leistung Meditation noch wenig Erfahrung haben. Dann suchen sie aus Angst, eine Fehlentscheidung zu treffen, sozusagen verzweifelt, nach Ersatzindikatoren dafür, dass der Mediator ihnen mit seiner Leistung den erhofften Nutzen bietet.
Welche glaubwürdigen Ersatzindikatoren lassen sich schaffen?
Mediatoren sollten bei Interessenten das Gefühl wecken: Das ist ein echter Profi.
Die meisten ergeben sich aus der Biografie des Mediators. Welche Ausbildungen hat er absolviert? Wie lange arbeitet er schon als Mediator? Für welche Art von Klienten ist/war er vorrangig tätig? Auf welche Art von Konflikten ist er spezialisiert? All diese Faktoren gilt es in der Außendarstellung transparent zu machen. Weitere Ersatzindikatoren sind die genutzten Marketinginstrumente – wie zum Beispiel die Webseite: Wird dort eher wissenschaftlich doziert oder mit den Besuchern kommuniziert, und zwar in einer Sprache, dass man als Besucher das Gefühl hat: Der Mann/die Frau kennt mein/unser Problem. Ein weiterer Ersatzindikator ist, wie plastisch die Leistung beschrieben wird – also der Ablauf der Mediation. Auch das schafft Vertrauen. Dasselbe gilt für Artikel, Bücher, die der Mediator schrieb, oder Vorträge, die er hielt. Auch das sind kleine Bausteinchen, die dazu beitragen, dass bei Interessenten das Gefühl entsteht: Das ist ein echter Profi.
Gibt es weitere Ersatzindikatoren?
Ja, viele – zum Beispiel die Art, wie der Berater die Kommunikation mit seinen potenziellen Kunden gestaltet:
- Wie gut ist er erreichbar?
- Wie schnell ruft er zurück?
- Wie viel Zeit nimmt er sich für das Vorgespräch?
- Wie gezielt fragt er in ihm nach?
Aus all diesen Faktoren schließt der potenzielle Kunde auf die Kompetenz des Mediators und macht sich ein Bild von ihm.
Nun ist Mediation keine „originelle“ Dienstleistung – viele Dienstleister vom klassischen Berater bis zum Rechtsanwalt bieten sie an. Wie kann ich mich als Mediator dennoch am Markt behaupten?
Indem Sie aus Ihrer Leistung, die man scheinbar bei sehr vielen Beratern kaufen kann, eine originelle, also unverwechselbare Dienstleistung machen.
Wie geht das?
Kein Konflikt ist wie der andere. Spezialisierung auf Konfliktarten und -ursachen ist ein Werbefaktor.
Beim Sichten der Werbeunterlagen von Mediatoren gewinnt man oft den Eindruck, alle Konflikte seien gleich. Dabei gibt es die unterschiedlichsten Konfliktarten und -ursachen.
So haben zum Beispiel nicht nur Eltern Konflikte mit ihren Kindern, auch Lebenspartner streiten sich. Und in den Unternehmen? Dort gibt es nicht nur Konflikte zwischen den Führungskräften und ihren Mitarbeitern, sondern auch zwischen den Führungskräften selbst und den einzelnen Bereichen. Zudem haben Unternehmen häufig Konflikte mit Kunden und Lieferanten. Und auch im gesellschaftlichen Raum gibt es zahlreiche Auseinandersetzungen – ich erinnere nur an die aktuelle Flüchtlingsfrage.
Auf all diese Konfliktarten könnten sich Mediatoren, abhängig von ihrer beruflichen Vorerfahrung, spezialisieren. Ebenso auf die verschiedenen Konfliktursachen – seien diese zum Beispiel finanzieller, rechtlicher oder interkultureller Art. Sie tun es aber zumeist nicht.
Warum tun sie es nicht?
Weil viele noch das Denken verinnerlicht haben: Ein Konflikt ist ein Konflikt. Das ist aber Nonsens. Denn für das Bearbeiten aller vorgenannten Konflikte braucht man spezielle Kompetenzen. Entsprechend blass ist das Profil der meisten Mediatoren auf ihren Webseiten.
Inwiefern?
Nun, bei ihrem Besuch gewinnt man zum Beispiel selten einen konkreten Eindruck davon, wie der Mediator arbeitet. Auf den meisten Webseiten findet man nur Floskeln wie „Ich arbeite ergebnisorientiert“. Wie sonst? Oder „Ich gehe wertschätzend mit Ihren Mitarbeitern um“. Wie sonst? Nur ganz selten wird transparent gemacht, was dies konkret bedeutet oder in welchen Verhaltensmustern sich dies zeigt – zum Beispiel anhand von Praxisbeispielen.
Wie könnte man das Marketing besser gestalten?
Nun, mich würde als Klient beispielsweise durchaus interessieren, wie sich der Mediator verhält, wenn scheinbar nichts mehr geht. Ergreift er dann zum Beispiel die Initiative und sagt: „Also, ich sehe die Lösungsmöglichkeiten A, B und C. Welche präferieren Sie?“ Oder beschränkt er sich als Anhänger der reinen Lehre auf das zirkuläre Fragen? Und wie verhält er sich, wenn ein Mitarbeiter sich hartnäckig weigert, gewisse Aufgaben zu erledigen? Geht er dann auch mal in die Konfrontation und sagt „Das gehört aber zu Ihren Job“? Solche Dinge kann man auf einer Webseite sehr narrativ beschreiben und so dafür sorgen, dass beim Besucher ein plastisches Bild von der Arbeitsweise und vom Selbstverständnis des Mediators entsteht.
Die meisten Mediatoren arbeiten freiberuflich und haben kein großes Marketingbudget. Wie können sie sich und ihre Leistungen trotzdem erfolgreich vermarkten?
Eine exakte Zielkundenanalyse ist die Grundlage für erfolgreiches Marketing.
Die Erfolgsbasis ist, sehr genau zu definieren, wer die eigenen Zielkunden sind und wer nicht, um Verschwendung zu vermeiden.
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Haben Sie hierfür ein Beispiel?
Ja. Das Geschäft der meisten Mediatoren ist zum Beispiel ein eher regionales. Denn kaum eine Person oder Organisation lässt einen Mediator zum Beispiel von München nach Hamburg einfliegen. Das wäre schlicht zu teuer. Also sollte auch das Marketing darauf abzielen, in der Region die erforderliche Bekanntheit aufzubauen. Zum Beispiel, indem der Mediator gezielt eine Beziehung zu Organisationen aufbaut, die wichtige Multiplikatoren sind. Oder indem er seine Webseite statt allgemein auf „Konfliktmoderation“ auf „Konfliktmoderation Hamburg“ optimiert. Außerdem muss der Mediator in seiner Außendarstellung immer wieder sehr klar kommunizieren, wofür er der Spezialist ist und wofür nicht – zum Beispiel für Konflikte, die Ehepaare miteinander haben, oder für Konflikte zwischen den Geschäftsführern einer GmbH.
Je klarer das Profil eines Mediators ist, umso höher ist seine Anziehungskraft bei seiner Zielgruppe. Denn warum sollten sich potenzielle Kunden für einen Mediator entscheiden, wenn dieser sich nicht erkennbar von allen anderen abhebt? Unabhängig davon brauchen Newcomer, die sich im Markt etablieren möchten, jedoch einen sehr langen Atem.
Warum?
Um eine stabile Auslastung zu erreichen, bedarf es eines hohen Akquise- und Marketingaufwands.
Wegen der vielen Mitbewerber und weil die von ihnen akquirierten Aufträge stets zeitlich begrenzt sind und ein eher kleines Umsatzvolumen haben. Deshalb müssen sie eigentlich permanent neue Aufträge an Land ziehen, um eine stabile Auslastung zu haben. Entsprechend viel Zeit – und/oder Geld – müssen Mediatoren in ihr Marketing investieren, sofern sie bei ihren Zielkunden nicht schon eine hohe Bekanntheit haben. Ich wage die Behauptung: Mindestens 80 Prozent der sogenannten Mediatoren wird es nie gelingen, rein als Mediatoren so viel Geld zu verdienen, dass sie eine Familie gut ernähren können.
Worauf gründet sich Ihre Annahme?
Weil diesen Mediatoren die erforderliche Biografie fehlt, um zum Beispiel bei Unternehmen hohe Tages- oder Stundensätze durchzusetzen, und weil sie nicht ausreichend Aufträge an Land ziehen.
Was veranlasst Sie zu dieser eher pessimistischen Einschätzung?
Nun, gehen wir einmal davon aus, ein Mediator müsste circa 60.000 Euro im Jahr umsetzen, um seine Familie zu ernähren, sich als Selbstständiger sozial zu versichern und ausreichend fürs Alter vorzusorgen. Dann kann sich jeder Newcomer ausgehend von seinen Honorarsätzen fragen: Wie viele Mediationen müsste ich pro Jahr durchführen, um 60.000 Euro zu verdienen, und ist dies mittelfristig realistisch? Bei vielen dürfte die Antwort „nein“ lauten.
Was folgern Sie daraus?
Es gilt, sich mit einem breiteren Leistungsspektrum zu positionieren.
Das Leistungsspektrum der meisten Mediatoren muss breiter sein: Es sollte nicht nur Mediationen und Konfliktmoderationen umfassen. Ähnlich wie bei den Rechtsanwälten. Diese bieten ihrer Klientel zwar ebenfalls die Leistung Mediation an, doch daneben vertreten sie ihre Klientel selbstverständlich auch anwaltlich. Dies könnte für viele Mediatoren und ihr Marketing ein neuer Denkansatz sein.
Autor: Bernhard Kuntz, Geschäftsführer der PRofilBerater GmbH, Darmstadt, die Trainer, Berater und Coachs bei ihrer Selbstvermarktung unterstützt.